Kolumne 6.10.07: Ihr Geschäft heißt Killen
11.10.07 (von maj) Privatkrieger von New Orleans bis Bagdad. Auf ein paar Tote mehr oder weniger kommt es nicht an
Mumia Abu-Jamal * junge Welt Nr. 232 - 06./07.10.2007
Die Nachricht war eindeutig, aber sie kam unerwartet: Die Marionettenregierung in Bagdad hatte beschlossen, daß die private US-Sicherheitsfirma Blackwater nicht länger auf irakischem Territorium aktiv sein dürfe. Mit der blindwütigen Erschießung von 17 Zivilisten hatten die Blackwater-Söldner am 16. September eine Grenze überschritten.
Berichte von US-Medien unmittelbar nach Bekanntgabe des Beschlusses der Al-Maliki-Regierung vermeldeten allerdings, das US-Außenministerium werde die Order ignorieren. Blackwater werde »seine Arbeit« vor Ort fortsetzen. Vor allem beim Personenschutz von US-Bürgern in Irak und von dortigen Regierungsmitgliedern sei der Sicherheitsdienst unverzichtbar. Soviel zum Zustand der »souveränen Nation« in Irak.
Wer sich in den vergangenen Jahren näher mit den Aktivitäten von Sicherheitsdiensten wie Blackwater befaßt hat, den wird es nicht verwundert haben, daß diese schwerbewaffneten Einsatzkräfte auf Zivilisten geschossen haben. Sie tun dies in Irak seit Jahren, ohne daß es spürbare Folgen für die Todesschützen gegeben hätte. Aber auch in den USA haben sie bewiesen, wozu sie ausgebildet und wozu sie fähig sind.
Im Herbst 2005, als Hurrikan »Katrina« in den Straßen von New Orleans wütete und große Wassermassen 80 Prozent der Stadt überfluteten, nahmen auch noch andere Kräfte die gebeutelten Bewohner in ihren eisernen Griff: Blackwater gehörte zu den privaten Sicherheitsfirmen, die vom US-Heimatschutzministerium unter Vertrag genommen und mit automatischen Waffen in das Katastrophengebiet geschickt wurden. Als die Mehrzahl der Bewohner der von den Verwüstungen betroffenen Region vom Leid überwältigt wurde und Hilfe gebraucht hätte, auf die sie vergeblich wartete, zogen diese privaten »Ordnungskräfte« wie Rambos durch die Gegend.
Jeremy Scahill, Korrespondent des Radioprogramms »Democracy Now!«, berichtete nach dem Hurrikan von einer Unterhaltung, die er mit einem Angehörigen eines privaten Sicherheitsdienstes führte, der mit Blackwater vergleichbar ist. Scahills Gesprächspartner war Michael Montgomery, der für die aus Alabama stammende Firma Bodyguard and Tactical Security (BATS) arbeitete und seit der zweiten Nacht der Katastrophe in New Orleans im Einsatz war. Scahill gab am 23. September 2005 im Rundfunk Montgomerys Angaben wieder:
»Im Stadtteil Ninth Ward mußten sie anhalten. Er sagte, an einer Straßenüberführung seien sie von einer Gruppe Leute beschossen worden, die er als ›schwarze Bandenmitglieder‹ bezeichnete. Er habe gerade ›mit seinem Geschäftspartner telefoniert‹. Ich fragte ihn, was er dann gemacht habe. ›Ich ließ mein Handy fallen und eröffnete das Feuer.‹ Ich fragte ihn, mit welcher Waffe er geschossen habe. ›Mit dem AR-15-Infanteriegewehr und der Glock- -neun-Millimeter-Pistole.‹ Damit habe er auf die ›schwarzen Bandenmitglieder‹ auf der Brücke gefeuert. ›Und was passierte dann?‹ wollte ich von ihm wissen. ›Haben Sie die Leute getötet?‹ Seine Antwort: ›Lassen Sie es mich so sagen: Ich hörte ’ne Menge Schreie und Stöhnen, und die hörten auf zu schießen. Mehr ist dazu nicht zu sagen.‹«
Nach Scahills Recherchen operierte Montgomerys BATS ebenso wie andere Sicherheitsdienste ohne rechtliche Grundlage im Bundesstaat Louisiana. Es gab nur Verträge mit dem US-Heimatschutzministerium und einen Geleitbrief der Gouverneurin von Louisiana, Kathleen Blanco. Auf dieser Basis patrouillierten sie mit automatischen Waffen in den Vierteln der Reichen und führten Krieg gegen die Armen.
Laut Scahill erschienen nach der geschilderten Schießerei Armeeoffiziere und Staatspolizisten vor Ort, sahen sich aber nicht veranlaßt, einen Bericht zu schreiben. Scahill weiter: »Es gab keine Ermittlungen, ergo herrschte eine Atmosphäre der Straflosigkeit. Wie können wir wissen, ob auf ihn [Montgomery] wirklich geschossen wurde? Was wissen wir überhaupt über diesen Vorfall? Warum haben die Strafverfolgungsbehörden den Fall nicht aufgenommen? Immerhin brüstet sich jemand damit, daß er auf eine Gruppe von Leuten geschossen hat, die er als ›schwarze Bandenmitglieder‹ bezeichnet.«
Im Irak-Krieg kämpfen fast so viele »Contractors« wie reguläre US-Soldaten. Mit dem kleinen Unterschied, daß die Blackwater-Söldner um einiges mehr verdienen und besser ausgerüstet sind. Sie kämpfen eben nicht für »Demokratie«, sondern für gutes amerikanisches Geld–manche für bis zu 1000 US-Dollar am Tag. Was interessiert sie schon, ob dabei ein paar Irakis mehr oder weniger draufgehen? Es hat sie auch nicht gekümmert, ob bei ihrem Einsatz im Katastrophengebiet von New Orleans ein paar junge Schwarze mehr oder weniger auf der Strecke blieben. Sie kämpfen und töten skrupellos für den, der sie bezahlt.
* Übersetzung: Jürgen Heiser
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