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Massenexekutionen in Kabul

10.10.07 (von jW) Afghanistan: Karsai beendet dreijähriges Todesstrafenmoratorium // Zusatz der Freedom-Now!-Online-Redaktion: Ein aktuelles Beispiel dafür, warum es auch in Europa, wo am heutigen Gedenktag die Ablehnung der Todesstrafe bekräftigt wurde, wichtig ist, für die weltweite Abschaffung der Todesstrafe einzutreten. Die BR Deutschland deckt als Kriegspartei in Afghanistan das Vorgehen der Karsai-Regierung, verstößt also gegen das Grundgesetz, in dem die Ablehnung der Todesstrafe zum Verfassungsgrundsatz erhoben ist

Von Rainer Rupp * junge Welt Nr. 235 - 10.10.2007

Weitgehend unbemerkt von der Weltöffentlichkeit hat die Regierung des vom Westen unterstützten afghanischen Präsidenten Hamid Karsai eine Massenhinrichtung durchgeführt und damit ein dreijähriges Moratorium gegen die Todesstrafe beendet. Gegen den Protest der UNO wurden am 7. Oktober 15 Gefangene von einem Exekutionskommando in Afghanistans größtem Gefängnis Pul-e-Charkhi in einem Vorort Kabuls erschossen. Der Leiter der »UNO-Hilfsmission für Afghanistan (UNAMA)«, der neokonservative deutsche Grüne, Tom Koenigs, ermahnte die afghanische Führung zum Moratorium zurückzukehren und »weiterhin die höchsten Menschenrechtsstandarts zu beachten«. Zugleich räumte er jedem Staat das »souveräne Recht« ein, Exekutionen durchzuführen. Laut Regierungsbeamten in Kabul befanden sich keine Mitglieder der Taliban oder der Al-Qaida unter den Erschossenen.
Indessen erklärte der Sprecher von Präsident Karsai laut New York Times vom Dienstag, daß Afghanistan mit den Exekutionen fortfahren will, denn diese seien für all jene eine Lehre, »die Verbrechen wie Mord, Ehebruch, Vergewaltigung und Entführung begehen«. Offensichtlich setzt die Karsai-Regierung unter dem Schutz der NATO die islamisch-fundamentalistische Rechtsprechung der Taliban fort, wonach »Ehebrecher«, hauptsächlich aber »Ehebrecherinnen« die Todesstrafe erwartet.
Gelichzeitig wird die NATO durch Afghanistan in ihren Grundfesten erschüttert. Der Blutzoll, den die Soldaten besonders eifriger NATO-Schüler wie Großbritannien, Kanada und die Niederlande bezahlen, nimmt ständig zu, was verärgerte Forderungen nach einer besseren Lastenverteilung laut werden läßt. Angesichts des ständigen Aderlasses ihrer Truppen in den heiß umkämpften Provinzen denken Kanada und die Niederlande inzwischen an einen Teilabzug innerhalb der nächsten 18 Monate. Aber niemand ist bereit, die drohenden Lücken zu füllen, weshalb viele Atlantiker bereits die Existenz der NATO gefährdet sehen.
»Wenn die NATO die ihr gestellte Aufgabe nicht erfüllen kann, dann ist es vorbei, dann hat sie ihre Glaubwürdigkeit verloren«, zitierte die US-Bloomberg-Agentur den britischen Labour-Abgeordneten Frank Cook am Montag nach dessen Frontbesuch am Hindukusch. Cook warf anderen NATO-Ländern, insbesondere Frankreich, Spanien, Italien und Deutschland, vor, ihren Verpflichtungen nicht nachzukommen. US-Medien zufolge befindet sich Europa bereits »fest im Griff der Kriegsmüdigkeit«. Zum Beweis werden Umfragen zitiert, wonach 60 Prozent der Bevölkerung in Frankreich gegen den Krieg sind, 70 Prozent in Italien und 75 Prozent in Deutschland. Mehr »Solidarität« innerhalb des Bündnisses forderte denn auch NATO-Generalssekretär Jaap de Hoop Scheffer am Montag bei einem Besuch in Kopenhagen.

 
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