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Aktuelles Interview mit Mumia Abu-Jamal

02.03.06 (von maj) Das Telefoninterview führten Rashida und JR für das Freie Radio Block Report, Bay Area San Francisco

Im Fall von Stanley Tookie Williams, der am 13. Dezember letzten Jahres hier in San Francisco hingerichtet worden ist, gab es viele Unschuldsbeweise. In den 24 Jahren seiner Haft hat er immer beteuert, die Raubmorde, für die er zum Tode verurteilt wurde, nicht begangen zu haben. Was halten Sie von der Forderung »Rettet Tookies Leben«, die ein Teil seiner Unterstützer aufgestellt hat, obwohl die Mehrheit seine Freiheit forderte?

Unterstützer handeln in solchen Kampagnen oft aus sehr unterschiedlichen politischen Beweggründen. Die Bandbreite reicht von radikalen bis zu liberalen Forderungen. »Rettet Tookies Leben« bedeutete in der Konsequenz, daß er für den Rest seines Lebens weggesperrt worden wäre. Wenn wir mal einen Moment von der Ablehnung der Begnadigung durch Gouverneur Arnold Schwarzenegger und die 35-minütige qualvolle Prozedur seiner Hinrichtung absehen, ist das die eigentliche Tragödie seines Falles: Er hat nie einen fairen Prozeß gehabt. Er war also möglicherweise unschuldig, es waren aber letztlich politische Erwägungen, die über Leben und Tod entschieden. Schwarzenegger hat Tookie die Begnadigung versagt, weil er sich im Gefängnis politisiert hatte. Er hat seiner Autobiographie eine Widmung für Malcolm X, Angela Davis, Nelson Mandela und sogar für mich vorangestellt. Deshalb wollte der Gouverneur diesen Mann unbedingt töten lassen. Hätte er sein Buch Buddha oder Jesus Christus gewidmet - kein Problem. Weil Tookie aber politisches Bewußtsein über die Lage der Schwarzen in den USA entwickelt hatte, wirkte sich das im Nachhinein als strafverschärfend aus, und er hatte sein Leben endgültig verwirkt. Das war reine Politik. Das war Rassismus.

Gab es Reaktionen anderer Gefangener im Todestrakt auf die Hinrichtungen von Tookie Williams und Clarence Ray Allen, der hier in Kalifornien am 17. Januar als schwerkranker alter Mann, der im Rollstuhl saß, mit der Giftspritze umgebracht wurde?

Die meisten Menschen wissen bis heute nicht, wer der Bruder Clarence Ray Allen war, weil sein Fall keine Schlagzeilen gemacht hat. Natürlich war Tookies Fall auch unter den Gefangenen in aller Munde. Einige glaubten, er hätte eine Chance, und es würde gut für ihn ausgehen. Andere aber analysierten die politische Situation und sahen, daß Schwarzenegger durch und durch Politiker ist und Stimmen unter den rechten Wählern gewinnen wollte. Deshalb gab es für ihn keinerlei humanitäre Erwägungen in diesem Fall. Das hat hier einige Gefangene sehr aufgebracht.

Der Patriot Act geht George W. Bush noch nicht weit genug. Was denken sie vor diesem Hintergrund über den präventiven Bürgerkrieg, den die Regierung gegen die Bevölkerung und politische Organisationen führt?

Wer sich damit vorbehaltlos befaßt, muß zu dem Schluß kommen, daß dieser Krieg weder mit dem präventiven FBI-Aufstandsbekämpfungsprogramm COINTELPRO (Counter Intelligence Program) in den 1960er Jahren begann noch um 1972-73 aufhörte, als das Programm aufgedeckt und offiziell eingestellt wurde. Der FBI-Agent Tyrone Powers hat ein sehr gutes Buch über seine frühere Dienstzeit geschrieben. Er hat während seiner Ausbildung an der FBI-Akademie viel Zeit in der Bibliothek verbracht, hat Akten studiert und das Vorgehen des FBI sehr genau analysiert. Er kam zu dem Schluß, weil das COINTELPRO »gut funktioniert hat« und bei der Zerstörung schwarzer Organisationen so gute Dienste geleistet hat, »warum sollten sie dann je damit aufhören?«

Welche Aufgabe haben revolutionäre Journalisten heute?

Die Menschen wachzurütteln und das zu tun, was Frederick Douglass vor 160 Jahren bereits mit seiner Zeitung, dem North Star, gemacht hat: die Wahrheit zu schreiben über die Verhältnisse, unter denen wir und alle unterdrückten Völker leben müssen. Es ist die Aufgabe revolutionärer Journalisten, den Menschen die Möglichkeiten revolutionärer Veränderungen aufzuzeigen und ihnen damit gleichzeitig zu beweisen, daß es möglich ist, offen die Wahrheit über das Unterdrückungssystem zu sagen, dessen Stiefel uns weiterhin im Nacken sitzt.

Übersetzung: Jürgen Heiser

 
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