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Der Hitze schutzlos ausgeliefert

17.07.23 (von ivk/jw) USA: Hohe Temperaturen sind für Insassen des Gefängniskomplexes eine tödliche Bedrohung

Link zum Artikel in junge Welt Nr. 163 vom 17. Juli 2023: Bitte HIER klicken!

Der Hitze schutzlos ausgeliefert
In den Staatsgefängnissen der USA leiden die Inhaftierten derzeit unter extremer Hitze. Die Lage insbesondere älterer Insassen ist lebensbedrohlich. US-Medien warten derzeit mit Schlagzeilen wie »Amerikas grausamer Sommer« auf. »Rekordhitze und gesundheitsgefährdende Luft« – verstärkt durch den Rauch kanadischer Waldbrände – hätten »bereits große Teile der USA heimgesucht«. Die Dauer der derzeitigen Hitzewelle bereite Klimawissenschaftlern Sorgen. »Die Erde schreit uns gerade an, und die Menschen müssen zuhören«, so Bernadette Woods Placky, Chefmeteorologin von »Climate Matters«, auf CNN. Dies sei »ein Weckruf für alle Menschen«, und das Schlimmste könnte noch bevorstehen.
Für Gefangene wie im US-Bundesstaat Texas ist das Schlimmste schon eingetreten. Dort starben im Juni 32 Insassen in nichtklimatisierten Haftanstalten, darunter der 35jährige Tommy McCullough. Er fiel beim Mähen des Rasens im Huntsville-Gefängnis tot um. Seine Familie teilte dem Sender Kxan mit, er habe sich eine ganze Woche lang über die große Hitze und zu wenig Trinkwasser beschwert. Die Anstaltsleitung habe aber nicht reagiert.
Auch die 37jährige Elizabeth Hagerty, die kurz vor ihrer Entlassung stand, wurde von Wärtern nachts tot in ihrer nichtklimatisierten Zelle gefunden, wie das Onlinemagazin Truthout enthüllte. Der an Diabetes, Asthma und Bluthochdruck leidenden Gefangenen hatten Temperaturen von 38 Grad Celsius schwer zugesetzt, ohne dass ihr Hilfe zuteil wurde.
Laut Truthout hatte die texanische Strafvollzugsbehörde seit 2012 keinen hitzebedingten Todesfall mehr gemeldet. Eine Studie habe indes ergeben, dass in texanischen Haftanstalten »extreme Hitze zwischen 2001 und 2019 wahrscheinlich für 271 Todesfälle im Sommer verantwortlich war«. Mit der Klimakrise stiegen jetzt die Temperaturen, und die Gefängnisse würden im Sommer zu »Hitzekammern«. Die New York Times hatte bereits vor Beginn der aktuellen Hitzeperiode gemeldet, dass »dieser Sommer in den Vereinigten Staaten voraussichtlich heißer als der Durchschnitt sein« werde. Das bedeute »mehr hitzebedingte Krankheiten und mehr hitzebedingte Todesfälle«.
»Ich bestehe nur noch aus Schweiß«, erklärte Roderick Zavala gegenüber Truthout. Er sitzt im Menard Correctional Center in Chester (Illinois) ein. Das 1878 eröffnete Gefängnis beherbergt derzeit fast 2.200 Männer und ist als »eines der vielen Gefängnisse im US-Bundesstaat Illinois ohne wirksames Kühlsystem« berüchtigt. Der 46jährige sitzt in einer Zweimannzelle, in die »keine frische Luft hineinkommt und aus der keine Luft entweicht«. Die verdreckten Fenster seien nur zehn Zentimeter weit zu öffnen und wirkten »wie eine Barriere gegen die kleinste Brise«. Der Asthmatiker Zavala berichtete, im Mai und Juni sei er »nur zweimal im Freien gewesen«. Sieben Tage in der Woche, 24 Stunden am Tag laste eine »schwere Decke aus schwelender Hitze« auf ihm, sagte er und fügte hinzu, vor allem ältere Menschen hätten im Knast größte Probleme mit der Hitze.
Seit vielen Jahren schreibt jW-Kolumnist Mumia Abu-Jamal (68) an dieser Stelle aus eigener Erfahrung über die Tatsache, dass die Insassen im US-Gefängnissystem immer älter und kränker werden. Zwischen 1995 und 2010 hat sich laut Workers World vom 20. Juni die Zahl der über 50jährigen fast vervierfacht. Ende 2020 waren das mehr als 261.000 Menschen. Experten schätzen, dass bis 2030 ein Drittel der US-Gefangenen in dieser Altersgruppe sein wird, von denen viele wie Abu-Jamal schon in jungen Jahren zu lebenslänglich ohne Bewährung verurteilt wurden.
In Pennsylvania beginnen diese »Lebenslänglichen« jetzt, sich zu organisieren. Es sei »grausam und unmenschlich«, sie bis zu ihrem Tod jahrzehntelang in Haft zu halten. Ein Ende der lebenslangen Haft ohne Bewährung und die Möglichkeit für kranke und ältere Gefangene, ihre letzten Jahre im Kreise ihrer Familie zu verbringen, wären »keine radikale Reform«, sondern ein Menschenrecht auf eine zweite Chance, so der seit 30 Jahren einsitzende Gefangene Bryant Arroyo (51) im Interview mit Workers World.
Jürgen Heiser

Siehe hierzu auch:
Tod im Schwitzkasten
US-Knäste: Häftlinge von Auswirkungen der Klimakatastrophe immer stärker betroffen
Link zum Artikel in junge Welt Nr. 196 vom 24. August 2022: Bitte HIER klicken!

 
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