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Politische Gefangene USA: »Immer geradeaus«

11.07.23 (von ivk/jw) USA: Bürgerrechtler und Revolutionär Mutulu Shakur nach schwerer Krankheit verstorben

Link zum Artikel in junge Welt Nr. 158 vom 11. Juli 2023: Bitte HIER klicken!

»Immer geradeaus«
In den USA ist der langjährige politische Gefangene Mutulu Shakur am vergangenen Donnerstag nach schwerer Krankheit gestorben. Diese Nachricht verbreitete die US-Organisation Malcolm X Grassroots Movement bereits am Freitag über Twitter. »Wir bleiben deinem Weg treu«, hieß es im kurzen Nachruf auf den »Genossen Mutulu, der nun zu den Ahnen zurückgekehrt« sei. Am Sonnabend bestätigten die New Yorker Amsterdam News die Meldungen über Shakurs Tod. Er sei »am 6. Juli im Alter von 72 Jahren an Knochenmarkkrebs gestorben«, so das Blatt. »Als politischer Kriegsgefangener war Mutulu 36 Jahre lang inhaftiert, bevor er im Dezember 2022 aufgrund seines schlechten Gesundheitszustands auf Bewährung entlassen wurde.« Neunmal sei ihm die Bewährung verweigert worden, aber erst, »als bei ihm Knochenmarkkrebs im Endstadium diagnostiziert wurde und die Ärzte ihm noch sechs Monate zu leben gaben«, sei er freigelassen worden.

Die New Afrikan People’s Organization und das Malcolm X Grassroots Movement hatten sich viele Jahre lang beharrlich für Shakurs Freilassung eingesetzt. Unter der Überschrift »Mutulu lebt in den Herzen des Volkes weiter« fassten sie in einer gemeinsamen Erklärung zusammen, wie groß der Verlust für die schwarze Gemeinschaft insgesamt ist. Sie zeigten sich »zutiefst betrübt über den Tod unseres geliebten Genossen und Mitbegründers« beider Organisationen. Shakur sei »ein liebevoller Vater und Großvater, revolutionärer Arzt und Akupunkteur und Verteidiger der Menschenrechte« gewesen. Er habe »viele Menschen gehheilt, betreut und inspiriert«. »Mutulu Shakur lehrte uns, als ›Menschen aus Liebe zu den Menschen für Befreiung zu kämpfen‹«, heißt es in der Erklärung weiter. »Sein Engagement für ein unabhängiges und sozialistisches New Afrika und sein Schlachtruf ›Straight ahead!‹ werden uns immer in Erinnerung bleiben.«

Geboren am 8. August 1950 in Baltimore (Maryland) als Jeral Wayne Williams, zog Shakur als Kind mit seiner Familie nach Queens, New York City. Als Teenager engagierte er sich im Revolutionary Action Movement und schon bald in der Bewegung für die Republic of New Afrika (RNA). Sie war in den 1960er Jahren im Süden der USA entstanden, als Reaktion auf die antikolonialen Befreiungskämpfe vieler afrikanischer Länder. Die RNA strebte in den fünf ehemaligen Sklavenhalterstaaten im Südosten der USA die Gründung einer unabhängigen neuafrikanischen Republik an und folgte damit dem Aufruf von Malcolm X, den Befreiungskampf der Schwarzen vor die UNO zu bringen.

In seiner jW-Kolumne vom 8. Mai 2023 hatte Mumia Abu-Jamal hervorgehoben, dass Shakur sich in den 1960er und 1970er Jahren in der mehrheitlich schwarzen und puertoricanischen Bevölkerung der New Yorker Bronx »als engagierter Arzt große Anerkennung verdient« hat. Statt die zahlreichen Drogenabhängigen mit Methadon zu behandeln, habe Shakur mit chinesischer Akupunktur große Heilerfolge erzielt. In dieser Eigenschaft war er Mitbegründer und Kodirektor der Black Acupuncture Advisory Association of North America und des Harlem Institute of Acupuncture.

Wie viele führende Frauen und Männer der schwarzen Freiheitsbewegungen stand indes auch Mutulu Shakur im Fadenkreuz der US-Bundespolizei FBI. Im Jahr 1986 wurde er unter dem Vorwurf verhaftet und angeklagt, als militanter Anhänger der Black Liberation Army 1979 an der geglückten Befreiung der politischen Gefangenen Assata Shakur – mit der er nicht verwandt war – aus einem US-Gefängnis und an einer »Enteignungsaktion« gegen einen Geldtransporter der Firma Brink’s beteiligt gewesen zu sein. 1988 wurde er allein aufgrund von Indizien als »Rädelsführer« zu 60 Jahren Haft verurteilt. Nach Verbüßung von 30 Jahren hätte er schon 2016 auf Bewährung entlassen werden können, aber wie in vergleichbaren Fällen kam auch Shakur erst frei, als er dem Tode geweiht war. Abu-Jamal nennt das den »Slow death«, die langsame Todesstrafe für alle politischen Gefangenen, denen der »Rechtsstaat« USA jedes Recht auf Rückkehr in ein Leben in Freiheit verwehrt.
Jürgen Heiser

 
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