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Rachefeldzug beenden

23.01.23 (von ivk/jw) USA: Insiderin der Bundespolizei fordert Freilassung des Indigenenaktivisten Leonard Peltier

Link zum Artikel in junge Welt Nr. 19 vom 23. Januar 2023: Bitte HIER klicken!

Rachefeldzug beenden
Nur durch »Rachsucht und unangebrachten Korpsgeist« in der US-Bundespolizei FBI werde die Freilassung des indigenen politischen Gefangenen Leonard Peltier bis heute verhindert. Das erklärte jüngst eine ehemalige hochrangige Spezialagentin des FBI zum Fall des seit fast fünf Jahrzehnten inhaftierten 78jährigen Bürgerrechtlers und Aktivisten des American Indian Movement (AIM). Coleen Rowley ist die erste Insiderin dieser Behörde, die sich der weltweit erhobenen Forderung anschloss, Peltier zu begnadigen.

Die 2004 pensionierte Rowley war 24 Jahre Spezialagentin des FBI, davon 14 Jahre lang Rechtsberaterin im »Field Office« Minneapolis, einer der Hauptabteilungen des FBI. Dort war sie auch zuständig für das sogenannte Indianerland in North und South Dakota und arbeitete eng mit Staatsanwälten und Polizisten zusammen, die direkt in Peltiers Fall verwickelt waren.

In einem vergangenen Dezember von ihr an US-Präsident Joseph Biden gerichteten Bittschreiben erklärte Rowley, Hauptgrund für die Fortsetzung der Inhaftierung Peltiers sei »ein emotionsgesteuerter Rachefeldzug der ›FBI-Familie‹«. Wegen »Peltiers unangemessen langer Haftstrafe, seines fortgeschrittenen Alters und seines sich verschlechternden Gesundheitszustands« habe sie sich dem Gnadengesuch angeschlossen. »Genug ist genug«, schrieb die Exagentin, Peltier müsse endlich nach Hause gehen dürfen.

Mit ihrer Petition reagierte Rowley auf einen Brief des FBI-Direktors Christopher Wray an den Begnadigungsbeauftragten des Justizministeriums vom März 2022. Im Namen der »gesamten FBI-Familie« hatte Wray sich darin gegen die Freilassung des »skrupellosen Mörders« Peltier ausgesprochen. Eine solche wäre »erschütternd für die Angehörigen der Opfer und ein Affront gegen die Rechtsstaatlichkeit«, so Wray. Seine Attacke auf Peltier war nur die jüngste in einer Reihe denunziatorischer FBI-Stellungnahmen, begleitet von Protestmärschen Hunderter FBI-Beamter in Washington, mit denen bislang jedes Gnadengesuch zum Scheitern gebracht worden war.

Peltier, Angehöriger des Lakota-Stammes der Turtle Mountain Chippewa in North Dakota, war 1977 zwei Jahre nach dem Tod zweier FBI-Agenten bei einer Schießerei im Pine-Ridge-Reservat in South Dakota wegen »Beihilfe zum Mord« zu zweimal lebenslänglich verurteilt worden. Der Prozess und die späteren Anhörungen vor dem Bewährungsausschuss seien »voller Unregelmäßigkeiten und Rechtsverstöße« gewesen, schrieb die britische Tageszeitung The Guardian am 18. Januar 2023. Es gebe »Belege, dass das FBI Zeugen genötigt und Beweise zurückgehalten und gefälscht« habe.

Peltier hat immer wieder erklärt, nicht für den Tod der Polizisten verantwortlich zu sein. Als einer der Anführer des 1968 in Minneapolis gegründeten AIM stand Peltier damals im Fadenkreuz des FBI, das einen regelrechten Krieg gegen die Bewegung führte. In ihrer Petition verwies Rowley auf diesen historischen Kontext und die »seit langem anhaltende, furchtbar ungerechte und unterdrückerische Behandlung von Indianern in den USA«.

Seit im Pine-Ridge-Reservat in den 1950er Jahren Uranvorkommen entdeckt worden waren, hatten die US-Behörden alles daran gesetzt, die dort lebenden Lakota von ihrem Land zu vertreiben, obwohl dieses ihnen von Washington 1868 vertraglich zugesichert worden war. In den 1970er Jahren herrschten dort bürgerkriegsähnliche Zustände, bei denen 60 Stammesangehörige durch FBI und Paramilitärs ermordet wurden.

Peltiers Unterstützer hoffen, dass Rowleys Intervention Wirkung zeigt. Rowley spreche mit der Autorität einer Person, die »den Fall und das FBI« kenne, erklärte Peltiers Anwalt Kevin Sharp. Im Guardian-Interview beschrieb Rowley, wie neue FBI-Agenten jahrelang mit der Version ihrer Behörde über die Ereignisse »indoktriniert« worden waren. Wenn es aber wirklich um Gerechtigkeit gehe, dann müsse es jetzt auch »um Gnade, Wahrheit und Versöhnung gehen«.
Jürgen Heiser

 
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