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Kolumne 22.03.03: Selbstgeschaffene Gründe für den Irak-Krieg

22.03.03 (von maj) US-Regierung und Medienkonzerne täuschen die internationale Öffentlichkeit

Mumia Abu-Jamal * junge Welt Nr. 69, 22./23. März 2003


Es ist selten vorgekommen, daß die US-amerikanische Öffentlichkeit Gelegenheit hatte, die Vorbereitung eines Krieges derart hautnah zu verfolgen. Noch seltener ist es möglich gewesen, die vorgegebenen Gründe für einen Krieg zu überprüfen und das Vorgehen der Regierung in Frage zu stellen. Heutzutage gibt es diese Möglichkeiten, und viele, wenn auch nicht genug, nutzen die Gelegenheit, die zuletzt in den Medien veröffentlichten Vorwände für den drohenden Krieg genau zu untersuchen.
Ex-General Colin Powell ist der Mann in der Bush-Regierung, der das größte Vertrauen der Öffentlichkeit genießt. Seine letzten Auftritte vor dem Sicherheitsrat der UNO haben dieses Vertrauen allerdings erschüttert. Die Reden des Außenministers erzeugten große Aufmerksamkeit, es war aber wenig hilfreich, daß er bei diesen Auftritten vermeintliches Beweismaterial vorlegte, welches aus Quellen britischer Geheimdienste stammte und sich dann als Fälschung erwies. Wenigstens zwei Jahrzehnte lang war das Bild des britischen Geheimdienstes in den USA von der Figur des smarten Spions James Bond geprägt. Allerdings hatte das zuletzt vom Geheimdienst MI-6 vorgelegte Material mit der Legende Bond nichts mehr zu tun. Denn das über den Irak vorgelegte Dossier stammte in Wahrheit aus der Feder eines arabisch-amerikanischen Examenskandidaten, dem Studenten Ibrahim Al-Marashi. Das Material war einem Artikel entnommen, das in einem Magazin namens »Jane« veröffentlicht worden war. Der stark unter Druck stehende britische Premier Tony Blair gab dieses Material als angeblichen »Geheimdienstbericht« weiter, um seine Verbindung zur Bush-Regierung zu festigen und seine Position in England zu stabilisieren, wo der Rückhalt in seiner Wählerschaft stündlich sinkt. Mr. Al-Marashi, der einer schiitischen Familie aus dem Raum Baltimore entstammt, war niemals im Irak und hatte seine Examensarbeit auf Veröffentlichungen eines israelischen Journals über Themen des Mittleren Ostens gestützt. Und dieses Zeug wird dann »Geheimdienstbericht« genannt und von einem maßgeblichen Vertreter des Bush-Regimes zum Kriegsgrund hochgejubelt! Die Boys in Washington sind so scharf darauf, endlich Bomben auf Bagdad werfen zu können, daß sie eine Studentenarbeit recyclen und zur Grundlage für einen Feldzug machen, der massenhaften Tod bringen wird.
Vergessen wir nicht den letzten großen Hit, den uns die Medien über den berühmten arabischen Rapper Osama Bin Laden vorgespielt haben. Auch dieses Tonband hatte Außenminster Powell dem Sicherheitsrat vorgelegt, der es im Namen seiner kriegslüsternen Bosse zu einem weiteren Kriegsgrund hochstilisierte und als Beweis dafür wertete, Saddam Hussein habe Verbindungen zu Al Qaida. Während die Medienkonzerne sogleich ihrer »patriotischen Pflicht« nachkamen und kurze Auszüge aus dem Band ausstrahlten, mit denen die Behauptung der Bush-Regierung belegt werden sollte, veröffentlichte das Magazin The Nation am 3. März 2003 unter dem Titel »Der große Geheimdienstbetrug« eine komplette Übersetzung der Tonbandaufnahme, die keinen Zweifel daran zuläßt, wie Bin Laden und seine Gefolgsleute das irakische Baath-Regime wirklich sehen:
»Die Sozialisten sind Ungläubige, wo immer sie auch sind, egal ob in Bagdad oder in Aden. Ein solcher Krieg, wie er in diesen Tagen stattfinden wird, ist vergleichbar mit dem zwischen Muslimen und Römern, als die Interessen der Muslime mit denen der Perser übereinstimmten und beide gegen die Römer kämpften.«
Das kündet nicht gerade von großer Zuneigung zwischen Bin Laden und Saddam Hussein. Wenn zwischen diesen beiden eine »Verbindung« bestehen soll, dann sind General Sharon und Präsident Arafat auch miteinander »verbunden« - wenn auch nur durch gegenseitigen Haß und unüberbrückbare Gegensätze. Bin Laden haßt Hussein leidenschaftlich und diese Gefühle werden nur durch seinen Haß auf den »Großen Satan« in Washington übertroffen.
Die meisten Menschen in den USA, die ihr Wissen aus den großen Mediennetzwerken beziehen, akzeptieren solche Nachrichten, weil sie mehr von ihrer Angst als von ihrem Verstand geleitet werden. Und diese Angst ist es auch, die sie den momentanen Kriegskurs des Bush-Regimes unterstützen läßt. Ihre tiefsitzende Angst wird von den Politikern in Washington ausgebeutet. Sie und die Habsucht der Ölmänner sind es, die hinter dem Krieg stehen.
Angst und Habsucht.
Diese beiden Wörter stehen für das Erbe, das die Vereinigten Staaten der Welt hinterlassen, wenn King George seinen Weg ungehindert weitergehen kann. Die großen Worte »Freiheit« und »Demokratie« sind nichts als Rechtfertigungen. Sie erinnern an die Geschichten, die wir unseren Kindern erzählen, sind in wahrheit nichts als Märchen der Diplomatie.
Angst und Habsucht sind unheilvolle Samen aus den Tiefen der menschlichen Seele, bittere Früchte der Ernte, die wir in naher Zukunft einfahren werden.

(Die Kolumne wurde vor Beginn des Krieges geschrieben)
Übersetzung: Jürgen Heiser

 
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