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Politischer Gefangener: Unkollegiales Schweigen

31.10.22 (von ivk-jw) Mumia Abu-Jamal: US-Medienapparat berichtet nicht über letzte gerichtliche Anhörung

Link zum Artikel in junge Welt Nr. 253om 31. Oktober 2022: Bitte HIER klicken!

Unkollegiales Schweigen
Als am vergangenen Mittwoch ein Gericht in Philadelphia ein weiteres Mal die Berufungsrechte des seit 41 Jahren inhaftierten US-Journalisten Mumia Abu-Jamal außer Kraft setzte, war das den Medien in den USA keine Silbe wert. Ein 1981 noch mit Preisen für seine Radioreportagen ausgezeichneter und zum Vorsitzenden der Vereinigung Schwarzer Journalisten in Philadelphia gewählter Kollege wurde des Polizistenmordes beschuldigt und verurteilt, er betont seit vier Jahrzehnten, unschuldig zu sein – aber kein Presseorgan fühlt sich aufgefordert, kritisch auf diese Anschuldigung zu schauen. Im Gegenteil: Von Anfang an trugen die Medien mit ihrer Sensationsberichterstattung dazu bei, den Kollegen vorzuverurteilen und Polizei und Justiz auszuliefern. Abu-Jamals Problem: Er ist schwarz, war Mitglied der Black Panther Party und hat sich als Journalist mit rassistischen Politikern und Polizisten angelegt.

Am Freitag griff die US-Medienbeobachtungsgruppe FAIR das Missverhältnis zwischen dem angeblich so hohen Wahrheitsanspruch der US-Medien und ihrer im Fall Abu-Jamals praktizierten Ignoranz auf. Als »Antizensurorganisation« geht FAIR von dem Prinzip aus, »unterdrückte Nachrichten aufzudecken und Journalisten zu verteidigen, die mundtot gemacht werden«.

In seinem Radioprogramm »Counterspin« (etwa »Gegen Meinungsmache«) erinnerte »FAIR« daran, dass die Washington Post 1995 in einem Bericht eine makabre Behauptung der Witwe des angeblich von Abu-Jamal getöteten Polizeibeamten Daniel Faulkner verbreitete. Maureen Faulkner beschrieb, wie sich der Angeklagte 1982 im Prozess zu ihr umgedreht und gelacht habe, als das blutige Diensthemd ihres Mannes im Gerichtssaal vom Staatsanwalt als Beweismittel hochgehalten wurde. »FAIR« nannte den Washington Post-Artikel einen »beschwörend düsteren Bericht«. Die Zeitung habe ihn abgedruckt, »obwohl aus den Gerichtsakten hervorgeht, dass Abu-Jamal von der Verhandlung ausgeschlossen und gar nicht im Gerichtssaal anwesend war, als das Hemd gezeigt wurde«. Der Artikel diente 1995 dem Zweck, Stimmung gegen den damals noch zum Tode verurteilten Abu-Jamal zu machen, als er zum ersten Mal vor Gericht die Wiederaufnahme seines Verfahrens beantragte.

Als weiteres Beispiel für die denunziatorische Berichterstattung führte FAIR das sich selbst als »investigative Nachrichtensendung« verkaufende Programm »20/20« des US-Senders ABC an. Im Jahr 1998 habe sich die Redaktion angeblich in einem Hauptbeitrag gründlich mit der Verurteilung Abu-Jamals befasst. In Wahrheit aber seien in dem Beitrag »alle Tricks angewandt« worden, so FAIR, um die »reinen Behauptungen der Anklage als Tatsachen darzustellen«, selbst wenn diese sogar »von Zeugen der Anklage bestritten oder durch Gutachten widerlegt worden waren«. ABC habe sogar ohne Erlaubnis Aufnahmen des unabhängigen Peoples Video Network (PVN) von Abu-Jamal verwendet. Wie PVN damals gegenüber FAIR erklärte, hatte der Sender die Aufnahmen akustisch derart manipuliert, dass Abu-Jamal sich anhörte »wie ein wildes Tier«.

Es habe damals auch niemanden gestört, als ABC bei der Strafvollzugsbehörde von Pennsylvania um die Erlaubnis bat, Abu-Jamal zu interviewen, und in dem Schreiben offen anmerkte, die Redaktion »arbeite derzeit mit Maureen Faulkner und der Fraternal Order of Police von Philadelphia zusammen«. Also mit den Kräften, die bis heute alles dafür tun, Abu-Jamal jede Chance auf Gerechtigkeit zu nehmen. Laut FAIR bleibe es aktuell auch unwidersprochen, wenn »ein rechter Senatskandidat« Abu-Jamal als »das Gesicht reueloser Kriminalität« diskriminiere. Diese Art unverhohlener Propaganda habe die Berichterstattung über den politischen Gefangenen von Anfang an geprägt. Und daran habe sich »bei den Elitemedien bis heute wenig geändert«. Obwohl bekannt sei, dass die Brown University in Rhode Island den Vorlass Abu-Jamals erworben hat, weil er »ein anerkannter Vertreter des sehr ernsten Problems der Masseninhaftierung ist«, dessen Archiv »historisch wichtig« sei.
Jürgen Heiser

 
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