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Fossile Energie: Zerstörerische Gier

21.09.22 (von ivk-jw) Fracking ist schädlich für Mensch und Natur. Dadurch gewonnenes Erdgas füllt dennoch künftig Speicher in BRD und EU

Link zum Artikel in junge Welt Nr. 220 vom 21. September 2022: Bitte HIER klicken!

ZERSTÖRERISCHE GIER
Es ist weiterhin aktuell, was Karl Marx und Friedrich Engels einst im »Manifest« auf den Punkt brachten: »Die moderne Staatsgewalt ist nur ein Ausschuss, der die gemeinschaftlichen Geschäfte der ganzen Bourgeoisklasse verwaltet.« Die derzeitigen Inhaber der Staatsgewalt in der BRD wissen ebenso wie alle klar denkenden Mitmenschen: Die seit 2005 eingesetzte und weltweit umstrittene Methode zur Förderung von Gas und Öl, das Hydraulic Fracturing, kurz Fracking genannt, ist ein Teufelszeug – egal wo auf der Welt sie praktiziert wird.

Beim Fracking wird mit Sand und Chemikalien versetztes Bohrwasser unter hohem Druck in die Erde weit unterhalb der Barriereschicht, die das Tiefengrundwasser hält, gepresst. Der Chemiecocktail ist ätzend und giftig und damit umwelt- und gesundheitsgefährdend.

Laut dem gemeinnützigen Umweltinstitut München ergab die Auswertung von 685 von 2009 bis 2015 zum Thema Fracking veröffentlichten Studien, dass die Methode hohe Risiken birgt. Dazu gehören provozierte Erdbeben, Methanleckagen, Luftverschmutzung, ein hoher Wasserverbrauch sowie die mögliche Verseuchung von Flüssen und Trinkwassergebieten.

Bellizistischer Wahn
2015 belegte eine Untersuchung der Johns Hopkins Bloomberg School of Public Health in den USA, dass für Schwangere, die in der Nähe aktiver Frackingbetriebe in Pennsylvania leben, ein erhöhtes Risiko für Frühgeburten besteht. 2019 ergab eine weitere wissenschaftliche Studie für das westliche Pennsylvania, dass Familien in der Nähe von Frackinganlagen schädlichen Chemikalien ausgesetzt sind und die Bevölkerung nicht vor psychischen, physischen und sozialen Schäden geschützt ist. Die Folgen des Frackings stünden »in krassem Gegensatz zu den von Deutschland und der EU beschlossenen Zielen des Klima-, Umwelt- und Gesundheitsschutzes in der Energiepolitik«, so das Umweltinstitut.

Diese Ziele werfen Berlin und Brüssel gerade über Bord. Denn wider besseres Wissen tritt nun mit der EU auch die ehemalige »Ökopartei« Bündnis 90/Die Grünen, vertreten durch das vom grünen Vizekanzler Robert Habeck geführte Bundeswirtschaftsministerium, für den verstärkten Import von Frackinggas aus Nordamerika ein, um Erdgaslieferungen aus der Russischen Föderation zu ersetzen. Damit forciert die Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP in den USA und tendenziell auch in Kanada den Ausbau der schmutzigen Fördermethode fossiler Brennstoffe. Zunächst noch im Ausland, denn in der BRD ist Fracking derzeit (noch) nicht erlaubt. Die klimaschädigende Energiepolitik der Grünen – nur deshalb an der Macht, weil sie »Fridays for Future« und die gesamte Klimaschutzbewegung getäuscht und so viele Wählerstimmen für sich eingeheimst haben – kann nur als makaber bezeichnet werden.

Ohne den bellizistischen Wahn der Partei, deren Kochef Omid Nouripour, er ist auch Vorsitzender der Deutsch-Ukrainischen Parlamentariergruppe, trotzdem Anspruch auf den Titel »Friedenspartei« erhebt, gäbe es den von den NATO-Staaten mittels Waffenlieferungen und Milliardenschwerer Finanzspritzen beförderten Stellvertreterkrieg in der Ukraine nicht. Es gäbe längst einen Waffenstillstand und Friedensverhandlungen. So aber wird der Ukraine-Krieg nicht nur zum Antreiber für die Gewinne der Rüstungsschmieden des Westens. Er bringt auch die Öl- und Gasindustrie sowie die Bauträger von Terminals für Flüssigerdgas (LNG) und Pipelines für fossile Brennstoffe voran.

Indigene an der Front
Anders als die demoralisierte europäische Klimaschutzbewegung stehen in Nordamerika die indigenen Nationen an vorderster Kampffront gegen den schmutzigen Krieg der Karbonindustrie auf ihren angestammten und (theoretisch) souveränen Landgebieten. Ihre in Europa bekannteste Avantgarde sind die Standing Rock Sioux, die in North und South Dakota beharrlich dafür kämpfen, den Missouri River als längsten Trinkwasserspender der USA vor einer Havarie der Dakota Access Pipeline zu schützen, die den Fluss ungesichert unterquert.

Die klare Haltung der indigenen Völker Nordamerikas teilt auch UN-Generalsekretär António Guterres, der Anfang August die »groteske Gier« der Unternehmen nach fossilen Brennstoffen verurteilte. Guterres forderte die Regierungen auf, jene Gewinne der Öl- und Gaskonzerne zu besteuern, die erzielt wurden, »nachdem Russlands Einmarsch in der Ukraine die Treibstoffpreise auf neue Höchststände getrieben hatte«. Allein im ersten Quartal dieses Jahres hätten die größten Energiekonzerne fast 100 Milliarden US-Dollar an Gewinnen erzielt. Guterres forderte »die Menschen überall« auf, »eine klare Botschaft an die fossile Brennstoffindustrie und ihre Finanziers zu senden, dass diese groteske Gier gerade die ärmsten Menschen trifft und gleichzeitig unser einziges gemeinsames Zuhause, den Planeten Erde, zerstört«.

Am selben Tag wurden in Washington, D. C., Veteranen der US-Armee und ihre Verbündeten vor dem US-Kapitol festgenommen, als sie gegen die Rolle des Militärs bei der Verursachung der Klimakrise protestierten. Das US-Magazin Democracy Now! zitierte dazu eine Studie aus dem Jahr 2017, wonach allein durch das Pentagon mehr Treibhausgase ausgestoßen würden als durch Länder »wie beispielsweise Schweden und Portugal«.

Im Oktober 2018 versammelten sich in Pittsburgh (Pennsylvania) aus Anlass der jährlichen »Shale Insight Convention« indigene Demonstranten, darunter fünfzig Stammes- und Gemeindevorsitzende aus dem ganzen Land, mit Klima- und Wasserschützern, um gegen die fortgesetzte Ausweitung des Frackings in den USA zu protestieren. Der dreitägige Kongress, der 2022 wieder vom 27. bis 29. September stattfinden wird, bringt traditionell politische Entscheidungsträger und führende Akteure der Frackingindustrie zusammen.

Die 2018 deutlichen Gegensätze beider Versammlungen stehen bis heute für den landesweiten Kampf zwischen indigenen Gruppen und Umweltschützern auf der einen sowie der Vertreter der Öl- und Gasindustrie auf der anderen Seite. Der regionale Widerstand im besonders vom Fracking betroffenen Pennsylvania spiegelt eine breite landesweite Bewegung in den USA wider. Sie stellt sich gegen die mangelnde Sicherheit der durch Wohn- und Flussgebiete gelegten Pipelines sowie die Auswirkungen von Fracking auf Luft und Trinkwasser und die Ignoranz gegenüber indigenen Gemeinschaften, die direkt von der Erschließung der Gas- und Ölvorkommen betroffen sind.

Im Jahr 2016 sprach der damalige Präsidentschaftskandidat Donald Trump als Kämpfer für ungehindertes Fracking auf dem Pittsburgher Kongress. In diesem Jahr wird unter den Gästen eine Hauptrednerin sein, die auch deutsche Interessen vertritt: Ditte Juul Jørgensen, Generaldirektorin für Energie der EU-Kommission. Die Dänin wird vor allem die im April neu eingerichtete »EU-Plattform für den gemeinsamen Einkauf von Gas, LNG und Wasserstoff« vertreten. Laut dem Internetportportal kommunalwirtschaft.eu soll die Plattform helfen, die Energieversorgung der EU zu sichern. »In Anbetracht der Notwendigkeit, bereits 2022 erhebliche Mengen nichtrussischen Gases zu sichern, und der angespannten Lage auf dem Weltmarkt« soll die Plattform »die internationalen Kontakte der EU zu Gaspartnern und -märkten koordinieren und verstärken«, teilte die EU-Kommission im April mit. Dabei betonte Kadri Simson, die estnische EU-Kommissarin für Energie, die EU müsse dabei »ihre kollektive politische und marktwirtschaftliche Macht auf den globalen Gasmärkten nutzen«.
Jürgen Heiser

 
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