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Beachtliche Sammlung

12.09.22 (von ivk-jw) Geschichte der Masseninhaftierungen: Archiv von Mumia Abu-Jamal wird von US-Uni veröffentlicht. Grundstock für Forschungsinitiative

Link zum Artikel in junge Welt Nr. 212 vom 12. September 2022: Bitte HIER klicken!

Beachtliche Sammlung
»Wir wissen, dass Mumia frei sein wird, aber wir wollen seine Freilassung so lange wie möglich hinauszögern«: Diese Äußerung über den politischen Gefangenen Mumia Abu-Jamal stammt von Maureen Faulkner, der Witwe des Polizisten Daniel Faulkner, für dessen Tod der frühere Black Panther ohne jeden Tatbeweis 1982 zum Tode verurteilt wurde. Das Zitat ist laut Prison Radio von einer Versammlung der rechten Polizeibruderschaft FOP in Philadelphia überliefert.

Für Faulkner und die FOP war es 2011 ein schwerer Schlag, als ein US-Bundesgericht das über Abu-Jamal verhängte Todesurteil in Teilen als »rechtswidrig« bewertete und es dehalb in lebenslange Haft umwandelte. Seitdem führt die FOP ihre jahrelange Hetzkampagne gegen den Journalisten gnadenlos weiter.

Zuletzt wetterte die zur Galionsfigur der FOP gemachte Polizistenwitwe Ende August im rechten TV-Sender Fox gegen die Brown University. Der Grund: Die in Providence (Rhode Island) ansässige Hochschule hat das persönliche Archiv Abu-Jamals in den historischen Bestand ihrer »John Hay Library« (JHL) aufgenommen und es zum Grundstock der neuen Forschungsinitiative »Stimmen der Masseninhaftierung in den Vereinigten Staaten« gemacht.

In einem Liveinterview mit dem US-Onlineprojekt Black Power Media erklärte Abu-Jamal am 6. September, das Ansinnen der Uni sei für ihn selbst eine Überraschung gewesen. Er habe sich aber damit einverstanden erklärt, weil es »der Beginn ihrer Forschung über Masseninhaftierungen« ist. Da deren Ausmaß seit den 1990er Jahren immer weiter zunehme, »dürfte das eine beachtliche Sammlung werden«, so Abu-Jamal, denn in den USA säßen »Millionen von Menschen in Gefängnissen, mehr als irgendwo sonst auf der Welt«.

Das Archiv des Journalisten, mehr als 40 Kartons aus vier Jahrzehnten Knast, wird nun Teil der Sammlung über »die Lebenserfahrungen von Inhaftierten sowie von Personen, die vom US-Gefängnissystem betroffen sind«, wie die JHL erklärt. Auf Druck der Gefängnisbehörde musste Abu-Jamal seine »persönliche Habe« im Lauf der Jahre an eine Vertrauenspersonen übergeben, die sie für ihn sicher verwahrte. Es sind Briefe, juristische Schriftsätze, Solidaritätspost aus aller Welt und sein über die Jahre gewachsener Buchbestand, denn er darf nur wenige Bücher in seiner Zelle haben. Auch zahlreiche Notizbücher, Tausende von ihm verfasste Kolumnen und Artikel, Manuskripte seiner Bücher sowie Zeitungen und Zirkulare der Black Panther Party gehören dazu.

Der für ein Universitätsarchiv normale Vorgang, den Vorlass des weltweit bekannten Bürgerrechtlers zu übernehmen, war der New York Times (NYT) wichtig genug, sich am 24. August in einem ausführlichen Artikel mit Abu-Jamal als dem »Gesicht der Antitodesstrafenbewegung und als weithin publiziertem Kommentator des Gefängnissystems« zu befassen. Die Archivarin Mary Murphy nannte Abu-Jamals Dokumente »einzigartig«. Es sei »die größte und einzige Sammlung einer Person, die noch inhaftiert ist«. Ihr Team habe in US-Bibliotheken nur etwa 25 Archivalien mit persönlichen Erfahrungen von Inhaftierten ausfindig machen können. Alle anderen Bestände seien »nur aus Unterlagen von Polizei- und Strafvollzugsbehörden erstellt worden«, so Murphy laut NYT. Sie rechne damit, dass der größte Teil des Abu-Jamal-Archivs in etwa einem Jahr systematisiert und öffentlich zugänglich sein wird. Das Gefängnissystem und die Erfahrungen der Inhaftierten, so die Archivarin, seien »ein gewaltiges Stück amerikanischer Geschichte«.

Nach ihrem jüngsten Besuch bei Abu-Jamal nannte Noelle Hanrahan von Prison Radio am 4. September die Initiative der Brown University eine »starke Entwicklung«. Darin spiele »Mumia eine entscheidende Rolle im Diskurs über die Abschaffung der massenhaften Sklavenarbeit hinter Gittern«. Die FOP habe zwar »geschworen, weiter gegen seine Berufungsanträge zu intervenieren«, die Würdigung seiner Person wie durch die Brown University sei dagegen die »Anerkenntnis der Forderung nach seiner sofortigen Freilassung«.
Jürgen Heiser
Archiv der John Hay Library: https://library.brown.edu/hay/collectionpolicy/voices-of-mass-incarceration/

 
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