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Tod im Schwitzkasten

24.08.22 (von ivk-jw) US-Knäste: Häftlinge von Auswirkungen der Klimakatastrophe immer stärker betroffen

Link zum Artikel in junge Welt Nr. 196 vom 24. August 2022: Bitte HIER klicken!

Tod im Schwitzkasten
In den USA leiden viele Menschen in den Haftanstalten zunehmend unter der Klimakatastrophe. Nicht anders als Europa hat auch Nordamerika mit bislang nicht gekannten Hitzewellen, dauerhaften Trockenperioden und um sich greifenden Waldbränden in der regional jeweils typischen Form zu kämpfen. Vielerorts flüchten Menschen, um dem dramatischen Geschehen zu entkommen. Menschen hinter Gittern in Gefängniskomplexen, die seit Jahrzehnten gezielt auf dem platten Land gebaut werden, wo sie der sengenden Hitze ungeschützt ausgesetzt sind, können jedoch nicht fliehen, um sich den Auswirkungen der Klimakatastrophe zu entziehen.

Das »International Action Center« (IAC) in New York City machte in seinen Berichten zur Lage der rund 2,3 Millionen gefangenen Männer, Frauen und Jugendlichen in den rund 6.500 Haftanstalten des Landes in diesem Sommer der Öffentlichkeit bewusst, wie sich »an ohnehin schon miserablen Orten das Leiden noch verschärfen wird«. In den heißesten Regionen der USA herrschten laut IAC in den Haftanstalten »oft unerträgliche und manchmal tödliche Bedingungen«. Das sei vor allem dort der Fall, wo in den Zellentrakten keine Klimaanlagen vorhanden sind, wie die »Prison Policy Initiative« (PPI) analysiert habe. Als gemeinnützige und überparteiliche Initiative setzt sich die PPI dafür ein, »die weitreichenden Schäden der Massenkriminalisierung aufzudecken«. In einer ihrer jüngsten Untersuchungen fand sie heraus, dass es in den US-Bundesstaaten mit den stärksten Hitzeanstiegen keine flächendeckenden Klimaanlagen in Haftzellen gibt, wie sie in den Verwaltungsgebäuden üblich sind. Das betreffe Alabama, Arizona, Kalifornien, Florida, Georgia, Kansas, Kentucky, Louisiana, Mississippi, Missouri, North Carolina, South Carolina, Virginia und Texas.

Das US-Onlinemagazin The Intercept bestätigte in einem Bericht vom 12. Februar 2022, dass in Texas mehr Haftanstalten von extremer Hitze betroffen sind als in jedem anderen US-Bundesstaat. Das staatliche Gefängnissystem sei »bestenfalls punktuell« mit Klimaanlagen ausgestattet. Statistiken aus dem Jahr 2020 belegten, dass »rund 70 texanische Gefängnisse mit einer Aufnahmekapazität von bis zu 122.000 Inhaftierten nicht klimatisiert« seien.

Um in dieser Frage ein Exempel zu statuieren, ließ das Justizministerium des Bundesstaats eine Klage von Inhaftierten des Staatsgefängnisses Wallace Pack Unit in der Nähe von Houston scheitern. Die Hitze in den Zellen sei »eine Qual wie im Backofen«, so der Gefangene Benny Hernandez laut PPI, der mit seinen Leidensgenossen die Nachrüstung der Trakte mit einer Klimaanlage einforderte. Das Justizministerium gab für das Abschmettern der Klage sieben Millionen US-Dollar aus, obwohl die erforderliche Klimaanlage nach einer Meldung der Texas Tribune vom 21. März 2019 nur vier Millionen US-Dollar gekostet hätte.

Der amtierende texanische Gouverneur Gregory Abbott (Republikaner) gehört zu den Kräften, die diese Politik seit 20 Jahren bestimmen. Schon als er von 2002 bis 2015 Justizminister war, blockierte sein Amt alle Klagen von Gefangenen, die sich gegen die Auswirkungen des Klimawandels richteten. The Intercept führt diesen Machtmissbrauch darauf zurück, dass die Weigerung, Klimaanlagen einzubauen, nicht nur der kurzfristigen Kostenersparnis diene, sondern vor allem dazu, dass die zuständigen politischen Instanzen »bei der Verbrechensbekämpfung als hart gelten wollen«.

Der Widersinn dieser Haltung wird deutlich, wenn die texanischen Justizbehörden gleichzeitig große Schwierigkeiten haben, die Personaldecke der Wachmannschaften ihrer Knäste auf dem erforderlichen Stand zu halten. Die Personalfluktuation sei groß, weil die Wärterinnen und Wärter »die große Hitze hinter den Mauern ohne Klimaanlage nicht aushalten«, wie der justizkritische Blog The Marshall Project am 1. November 2021 meldete.

Für das IAC stellt die Lage in den Gefängnissen »in vielerlei Hinsicht eine Krise der öffentlichen Gesundheitsversorgung« dar. Im Kapitalismus würden »Knäste als Konzentrationslager für die armen und unterdrückten Angehörigen der Arbeiterklasse betrieben«. In ihnen herrsche massenhaftes Sterben. »Es liegt an uns, die materiellen Bedingungen abzuschaffen, die dieses System der Masseneinkerkerung möglich gemacht haben«, so das IAC.
Jürgen Heiser

 
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