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Kolumne vom 15.02.03: Die Kräfte hinter dem Krieg

17.02.03 (von maj) Was sind die wahren Gründe für den »Showdown mit Saddam« und den »Countdown für Bagdad«?

Mumia Abu-Jamal * junge Welt Nr. 39, 15./16. Februar 2003

»Ich sollte eigentlich aus tiefster Überzeugung jeden Krieg willkommen heißen, denn ich glaube, daß dieses Land ihn braucht.«
US-Präsident Theodore Roosevelt 1897, vor dem Kolonialkrieg gegen Spanien um die Philippinen, Kuba und Puerto Rico

Es gibt viele verschiedene Gründe, einen Krieg zu führen, und nur selten werden die wahren Gründe von den Politikern öffentlich dargelegt, wenn sie mit dem Säbel rasseln. Politiker verstehen es gut, mit bloßen Worten das Blut zum Kochen oder den Puls zum Rasen zu bringen, wenn sie vor den Massen sprechen, aber das dient nur dem emotionalen Aufputschen vor der Schlacht. Die rationalen Gründe sind andere. Außerhalb dieser Auftritte im Licht der Öffentlichkeit stecken die Strategen klammheimlich ihre Köpfe zusammen und schmieden ihre Pläne für Kriege oder die Austragung sozialer Konflikte, wobei es nicht um emotionalen oder imaginären, sondern um den realen Gewinn und das Einfahren großer Reichtümer geht. Seit Monaten hat der Verfasser erfolglos nach Beweisen für solche Zusammenkünfte gesucht. Bis jetzt. Aber nun war in der liberalen Londoner Zeitung The Guardian von September 2002 der Bericht über eine Sitzung des Royal Institute of International Affairs (Königliches Institut für Internationale Angelegenheiten) zu lesen, an dem Vorstände von Ölkonzernen, irakische Exilpolitiker und Experten für internationales Recht teilgenommen haben. Das hinter verschlossenen Türen abgehaltene Treffen fand unter der Überschrift »Einmarsch in den Irak: Gefahren und Chancen für den Energie-Sektor« statt. Einer der Teilnehmer faßte das Ergebnis der Tagung mit der vielsagenden Bemerkung zusammen: »Wer bekommt das Öl?« Das war ein offenes Wort.
Taha Hamud Moussa, der frühere irakische Vize-Ölminister, hat vor einiger Zeit, als der jetzige Konflikt noch nicht so weit eskaliert war, in einem Interview erwähnt, daß sein Land über Ölvorkommen von schätzungsweise 300 Milliarden Barrel verfügt, »wenn einmal alle Regionen Iraks erkundet sind«.
Wenn die Vertreter der westlichen Ölinteressen ihre Hände wieder auf diese ungeheuren Reserven bekämen - die für sie verloren gegangen waren, als Irak 1972 seine Ölindustrie verstaatlichte -, dann könnten sie nach eigenen Schätzungen zehn Jahre lang acht Milllionen Barrel Öl pro Tag fördern. Die bloße Mathematik beantwortet also schon eine Menge Fragen über den geplanten Krieg: Acht Millionen Barrel zum Preis von je 30 Dollar an 365 Tagen ergeben 87,6 Milliarden Dollar - pro Jahr. Für britische und amerikanische Ölmagnaten ist diese Versuchung einfach zu groß. Dafür einen Krieg führen? Keine Frage, dafür würden sie sogar zehn Kriege führen, wenn notwendig! Natürlich streng im Sinne des Wortes, also »führen« würden sie diese Kriege, kämpfen sollen andere. Dies ist ein Krieg für den Freibrief auf unermeßlichen Profit. Und nur darum geht es in Wirklichkeit.
Vor Jahren, als ein jung-dynamischer Strafverteidiger in Philadelphia einen Fall übernahm, in dem es um einige horrormäßige Morde an Frauen ging, wurde er nach seinen Gründen befragt, die Verteidigung in einem derart grausigen Fall zu übernehmen. »Ach wissen Sie«, antwortete er mit einem breiten Grinsen, »ich habe hunderttausend gute Gründe.« Er spielte damit auf die Tatsache an, daß der angeklagte Mörder ein erfolgreicher Börsenmakler war, der mit seinen Spekulationen Hunderttausende gemacht hatte und ihm ein gutes Honorar zahlen konnte.
Was sind nun die Gründe für den »Showdown mit Saddam«, den »Countdown für Bagdad« und wie es auch immer formuliert wird? Es geht nicht darum, wie Präsident Bush uns mit seinem erstarrten Grinsen verkündet, daß »Saddam ein böser Mensch ist« oder daß Saddam versucht haben soll, Bush senior umbringen zu lassen. Es geht auch nicht darum, daß die irakische Bevölkerung unter einem brutalen Diktator leiden muß und die USA dem Land »etwas mehr Demokratie« bringen muß, denn im Nahen und Mittleren Osten herrscht nicht gerade Knappheit an Diktatoren, und einige von ihnen sind engste Verbündete der USA.
Es geht auch überhaupt nicht darum, daß die irakische Regierung chemische Waffen gegen »die eigene Bevölkerung«, nämlich die Kurden, eingesetzt hat. Die Türkei, Mitglied der NATO und künftiges Mitglied der EU, geht mit äußerster Brutalität gegen die kurdische Bevölkerung vor. Sie darf nichte einmal ihre eigene Sprache sprechen oder ihre nationalen Farben tragen, wenn sie nicht staatliche Verfolgung riskieren will. Die angebliche »Menschenrechts-Kampagne« der USA übersieht geflissentlich die brutale Unterdrückung der Türkei gegenüber ihrer kurdischen Minderheit oder kurdischen politischen Gefangnen wie Leyla Zana. Sie ist die erste Kurdin, die ins türkische Parlament gewählt wurde. Eine der Anklagen gegen sie lautete »verbotenes Tragen von Kleidung in Gelb, Grün und Rot«, den traditionellen kurdischen Farben. Leyla Zana ist eine von vier kurdischen Abgeordneten, die unter solch lächerlichen Anklagen ins Gefängnis geworfen wurden - und die Bush-Regierung hüllt sich dazu in Schweigen.
Wenn es also um die Frage geht, was die wahren Gründe für den Krieg gegen Irak sind, dann ist die Antwort: Es gibt 87,6 Millarden Gründe, die sich die Kriegstreiber in harten Dollars auszahlen lassen wollen.

Übersetzung: Jürgen Heiser

 
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