Freedom Now Online Bulletin HomeFreedom Now! - Bulletin[News]TermineInfoProfil
 

Kolumne 1.069 vom 3.01.2022: Russell »Maroon« Shoatz: Presente!

03.01.22 (von maj) Zum Tod des Black Panthers, der 49 Jahre seines Lebens hinter Gittern verbringen musste

Mumia Abu-Jamal * Link zum Artikel in junge Welt Nr. 1 vom 3. Januar 2022: Bitte HIER klicken!

Russell »Maroon« Shoatz: Presente!
Er wurde 1943 als Russell ­Shoatz in Philadelphia geboren. Als er noch ein kleines Kind war, ereignete sich etwas Entscheidendes, das ihn prägte und einen Weg einschlagen ließ, der ihn für den größten Teil seines Lebens in Gefängniszellen brachte. Er war gerade fünf Jahre alt, als er und sein Vater vom Fenster des Wohnhauses der Familie in West Philadelphia aus Zeugen wurden, wie mehrere Polizisten einen Schwarzen auf der Straße verprügelten.

In einem Interview mit der Zeitung San Francisco Bay View im Jahr 2017 erzählte Shoatz folgende Begebenheit: »Nachdem die Polizisten den Schwarzen in ihren Streifenwagen verfrachtet hatten, drehte sich einer von ihnen um und brüllte über die Straße: ›Will einer von euch Niggern der Nächste sein?‹ Ich sah dann, wie unsere Nachbarn einer nach dem anderen ihre Haustüren schlossen und sich von ihren Fenstern zurückzogen. Auch mein Vater nahm meine Hand und zog mich ebenfalls von unserem Fenster weg. In diesem Moment, im Alter von fünf Jahren, begriff ich, dass das, was sich vor meinen Augen ereignet hatte, Unrecht war.«

Von seinem fünften Lebensjahr an bis etwa Mitte dreißig, so berichtete Shoatz, habe er ein tiefes Gefühl der Demütigung und Wut verspürt. Diese Gefühle brachten ihn dazu, bei der Organisation »Black Unity Council« mitzuwirken. Später wurde er Mitglied der »Black Panther Party« und schließlich der »Black Liberation Army«. Sein politisches Engagement führte zu Konflikten mit dem Staat, auch zu bewaffneten, die ihm jahrzehntelange Gefängnisaufenthalte mit mehreren lebenslangen Haftstrafen und langen Jahren in Isolierzellen einbrachten.

In dieser Entwicklung sollte sich das Jahr 1977 als Wendepunkt erweisen. Zu diesem Zeitpunkt brach ­Shoatz zum ersten Mal zusammen mit vier Mitgefangenen aus dem Staatsgefängnis Huntingdon im Zentrum von Pennsylvania aus. Einer der Männer wurde geschnappt, noch bevor er fliehen konnte, ein anderer kam an einem Berghang ums Leben, und zwei weitere wurden bei Einbruch der Nacht gefasst. Nur Shoatz konnte entkommen und blieb etwa einen Monat in Freiheit. Bei seiner Verhaftung wurde er brutal verprügelt. Zwar hatte er nichts anderes erwartet, aber auch diese Erfahrung veränderte ihn nachhaltig.

Vor seiner Flucht war er unter seinen Mitgefangenen als Harun bekannt, der arabischen Form des hebräischen Namens Aaron, laut Bibel der Bruder des Propheten Moses. Danach nahm er den Namen Maroon an, nach den afrikanischen Sklaven, die rebellierten und aus der Knechtschaft in die Berge und Sümpfe der Amerikas flohen. In dieser Zeit fand Maroon noch etwas anderes heraus: Die unaufhörliche Wut, die ihn durch die erfahrenen Demütigungen seit seiner Jugend beherrschte, hatte sich durch die zunächst erfolgreiche Flucht wie ein Sommergewitter gelegt. Er war nun ein Maroon, einer, der dem Sklavendasein der Gefangenschaft entkommen war.

Maroon verbrachte insgesamt 49 Jahre hinter Gittern, wo er sich zu einem hervorragenden Lehrer ganzer Generationen junger schwarzer Gefangener entwickelt hatte. Er selbst betrieb das Studium der Geschichte sehr ernsthaft. Nachdem er im Oktober 2021 wegen seines Krebsleidens aus medizinischen Gründen und durch den öffentlichen Druck der Solidaritätsbewegung endlich aus der Haft entlassen worden war, war es dem 78jährigen noch vergönnt, 52 Tage in Freiheit zu leben. Er verbrachte diese kostbaren Tage mit seiner Schwester, seinen Kindern und dem Rest seiner Familie, bevor er am 17. Dezember zu seinen Vorfahren zurückkehrte. Er war ein echter Maroon, der sein Leben in Freiheit beschloss.
Übersetzung: Jürgen Heiser

 
Freedom Now! [Logo]
Nächste Termine
Keine Termine bekannt.

 Alle Termine   Neuer Termin
Login
Email:
Passwort:  
Copyleft 2002 by freedom-now.de | some rights reserved | Website copyleft mumia.de | Impressum / Imprint