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Kolumne 1.063 vom 1.11.2021: Möglichkeiten nutzen

01.11.21 (von maj) Beitrag zum »Internationalen Tribunal über Menschenrechtsverletzungen an schwarzen, hispanischen und indigenen Völkern« in New York

Mumia Abu-Jamal * Link zum Artikel in junge Welt Nr. 254 vom 1. November 2021: Bitte HIER klicken!

Möglichkeiten nutzen
Vor einem Jahr erlebten die Vereinigten Staaten von Amerika und weite Teile der Welt eine sich explosionsartig ausbreitende öffentliche Unterstützung für neue Gesetze zur Eindämmung des Polizeiterrors gegen die Bevölkerung. Ausgelöst wurde diese Welle durch Videobilder des Mordes an dem Afroamerikaner George Floyd. Das Handyvideo, das den sterbenden Mann zeigt, der weinend nach seiner Mutter ruft, berührte weltweit die Herzen und wurde zum Anstoß für Gesetze gegen staatliche Polizeigewalt. Die aufgewühlte Stimmung, die von diesem multiethnischen Massenprotest ausging, machte diese Frage zu einem Thema von nationaler Bedeutung und verlangte vom US-Kongress eine umfassende Lösung.

Doch im US-Kongress wurde das Thema systematisch abgewürgt. Die Politiker feilschten und warteten, bis der Protest wieder abebbte und die Demonstranten nach Hause gingen. Während die Medien sich auf neue spektakuläre Ereignisse stürzten, erstickten die Politiker den Gesetzentwurf gegen Polizeigewalt langsam aber sicher und ließen ihn einen stillen, unrühmlichen Tod sterben.

Warum sollten wir uns auf dem internationalen Tribunal damit auseinandersetzen? Weil es uns daran erinnert, wie prekär das Leben der Schwarzen in Amerika damals wie heute wirklich ist. Mehrere Jahrhunderte lang kämpften wir Schwarze gemeinsam mit unseren Verbündeten gegen die Folter der Lynchjustiz und schickten unzählige Petitionen und Bittgesuche an den Kongress, aber die Senatoren und Abgeordneten erstickten sie mit ihrem Schweigen. In Washington herrschte die Sklavokratie noch mit eisernem Griff, bis die mächtigen Wellen der schwarzen Freiheitsbewegungen und der Antikriegsbewegung vieles davon wegspülten.

Doch die weiße Vorherrschaft hat viele Gesichter und schlüpfte bald in das Gewand des Neoliberalismus, um einen Krieg gegen die Armen und die schwarzen Gemeinden zu entfesseln, wobei es den weißen Eliten immer wieder gelang, Schwarze als Verbündete auf ihre Seite zu ziehen. Diese Neoliberalen brachten der Repressionsindustrie neuen Auftrieb, die überall in den ländlichen Gebieten der Vereinigten Staaten neue Gefängnisse baute. Zur Rechtfertigung der immensen Ausgaben traten die Konzernmedien eine Propagandakampagne los, die dazu diente, Schwarze in- und außerhalb der Gefängnissee zu verteufeln. Von daher überrascht es nicht, dass unter der neoliberalen Politik der Ära von US-Präsident William Clinton (1993–2001) mehr Gefängniszellen für Jugendliche gebaut und mit jungen Schwarzen und Latinos gefüllt wurden als in jedem anderen Justizsystem der Welt.

Heute, nach den größten Bürgerrechtsprotesten der Geschichte – den weltweiten Aktionen nach dem Mord an George Floyd –, ist das nach ihm benannte Gesetz »George Floyd Justice in Policing Act« so tot wie Floyd selbst. Denn der Kongress ist wieder einmal von einem faschistischen Fieber befallen, das am 6. Januar 2021 (Sturm auf das US-Kapitol; jW) für alle spürbar war. Und dieses Fieber hält weiter an, denn der US-Senat ist wegen der Blockadehaltung der Republikaner derzeit weder willens noch in der Lage, irgendein Bürgerrechtsgesetz zu unterschreiben, das nicht Donald Trump nützt.

Wenn aber erst der Freiheitskampf der Schwarzen als Thema vom Tisch ist, wird die staatliche Repression wieder zuschlagen. Das internationale Tribunal muss deshalb seine Möglichkeiten nutzen, damit sich der Lauf der Geschichte gegen die staatliche Unterdrückung wendet und der Ruf nach Freiheit für alle Schwarzen, nach Abschaffung der Gefängnisse und einem Ende der Masseninhaftierungen lauter wird.
Übersetzung: Jürgen Heiser

Das »George-Floyd-Polizeireformgesetz« wurde von der Demokratischen Partei am 24. Februar 2021 in das US-Repräsentantenhaus eingebracht, um damit exzessive Gewalt und rassistische Vorurteile in der Polizeiarbeit zu bekämpfen. Der Entwurf passierte zwar noch das von den Demokraten kontrollierte Repräsentantenhaus mit einer knappen Mehrheit von 220:212 Stimmen, wurde jedoch im paritätisch besetzten Senat durch die Republikaner blockiert. Die langatmigen Verhandlungen zwischen republikanischen und demokratischen Senatoren ließen den Gesetzentwurf im September 2021 scheitern. (jh)

 
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