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Kolumne 1.035 vom 16.11.2020: Das sinkende Schiff

16.11.20 (von maj) Kann die US-Bevölkerung sich dem »Karneval der Torheiten« des US-Imperiums nicht widersetzen? Könnte nicht eine Regierung durch und für das Volk einen Sieg erringen?

Mumia Abu-Jamal * Link zum Artikel in junge Welt Nr. 268 vom 16. November 2020: Bitte HIER klicken!

Das sinkende Schiff
Liegen wir richtig, wenn wir die Geschichte als unsere Zeugin anrufen und die Totenmesse für den Niedergang und den zu erwartenden Fall des US-amerikanischen Imperiums schreiben? Schreiten wir wirklich schon im Trauerzug von der Kirche Amerikas hinüber zum Friedhof der Imperien und hören die Klagelieder und Choräle der New-Orleans-Blasmusikkapelle?

»Die letzten Tage des Imperiums« seien ein »Karneval der Torheiten«, schrieb der US-Journalist Chris Hedges in seinem Artikel »The Folly of Empire« 2013 für das Onlinemagazin Truthdig. »Taugenichtse, Verrückte und Idioten« bekämen »reichlich Beschäftigung und Macht«, stellt er fest. »Diese Politiker und Hofschranzen, die für das sinkende Schiff angeheuert wurden und ihm in der Öffentlichkeit ein Gesicht geben, verschleiern die wahre Arbeit der Besatzung, die noch systematisch die Passagiere plündert.« Wir würden von unseresgleichen umgeben dem Untergang entgegeneilen, weil »unsere Führer vorsätzlich die wirtschaftliche und ökologische Selbstzerstörung betreiben«. So seien schon Sumer und Rom, das Osmanische und das Habsburgerreich Österreich-Ungarn und das britische Empire untergegangen.

Hedges fuhr fort, das korrupte US-Imperium aufs Korn zu nehmen: »Die Mandarine der Macht stehen im Steuerhaus, bellen lächerliche Befehle und trachten danach, die Maschinen auf Hochtouren zu bringen. Wie Kinder streiten sie um das Steuerrad des Schiffes, während es mit Volldampf in ein riesiges Eisfeld fährt. Sie wandern durch die Decks und halten pompöse Reden. Sie schreien, die ›USS Amerika‹ sei das größte Schiff, das je gebaut wurde. Sie bestehen darauf, dass es über die fortschrittlichste Technologie verfügt und die höchsten Tugenden verkörpert. Und dann, in einer abrupt und unverhofft erfolgenden Raserei, versinken wir in den eisigen Gewässern.«

Aber was ist mit den Menschen? Kann die US-Bevölkerung sich dem nicht widersetzen und zurückschlagen? Kann eine Regierung durch und für das Volk nicht einen Sieg erringen?

Hedges hegt ernsthafte Zweifel: »Die Bevölkerungen sterbender Imperien sind passiv, weil sie Lotosesser sind. Sie rasen dem Vergessen entgegen und verfallen einer narkotisierenden Entrückung. Sie ziehen sich aufs Sexuelle, Kitschige und Dümmliche zurück, Rückzugsgebiete, die vorübergehend Annehmlichkeiten bringen können, aber in der Selbstzerstörung enden. Völlig naiv vertrauen sie darauf, dass schon alles gutgehen wird.«

Der mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnete Journalist entwarf bei seinen Erkundungen das beunruhigende Bild einer degenerierten und halluzinierenden US-Bevölkerung, die fasziniert ist von »absurden Versprechungen von Hoffnung und Ruhm«, die »endlos aufgetischt werden von der Unterhaltungsindustrie, der politischen und wirtschaftlichen Elite, der Klasse der Höflinge, die sich als Journalisten ausgeben, und von Selbsthilfegurus wie Oprah Winfrey und religiösen Glaubenssystemen, die den Anhängern versichern, dass Gott sie immer beschützen wird«. Eine kollektive Selbsttäuschung, ein Rückzug in magisches Denken, in dem Hirngespinste Wirklichkeit werden.

Übersetzung: Jürgen Heiser

 
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