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Kolumne 1.020 vom 03.08.2020: Recht auf Revolution

04.08.20 (von maj) Schwarze haben in viel höherem Maße ein Recht auf Revolution, als britische Amerikaner es unter dem weit entfernten König einer ausländischen Macht je hatten

Mumia Abu-Jamal * Link zum Artikel in junge Welt Nr. 179 vom 3. August 2020: Bitte HIER klicken!

Recht auf Revolution
Als ich ein junger Mann war, fast noch ein Kind, waren Friseurläden für mich faszinierende Orte. Dort trafen sich Männer in einer Atmosphäre entspannter Vertrautheit und debattierten Themen, über die sie anderswo nicht redeten. So hörte ich Geschichten über längst vergangene afrikanische Reiche der Antike und über mir unbekannte Pfade schwarzer Geschichte. Dabei fiel öfter der Name von Joel Augustus Rogers (1880–1966).

Der aus Jamaika stammende Autor, Journalist und brillante autodidaktische Historiker war 1906 in die USA emigriert und hatte in Chicago und im schwarzen Harlem in New York City gelebt. Als einer der ersten im 20. Jahrhundert hatte er Wesentliches zur Erforschung der Geschichte Afrikas und der afrikanischen Diaspora beigetragen. Von besonderer Bedeutung war seine Kritik an der Konstruktion des Begriffs der »Rasse« und der davon abgeleiteten vorherrschenden Ideen eines »wissenschaftlichen« Rassismus. Jahre später habe ich auf der Suche nach Büchern seines umfassenden Werkes die Buchläden durchstöbert, leider jedoch meistens ohne Erfolg.

Meine Erinnerungen an diese Zeit wurden jetzt durch ein wenig bekanntes Zitat ausgelöst, das ich unlängst in Werken anderer verstorbener schwarzer Gelehrter und Historiker las, auch bei Lerone Bennett Jr. (1928–2018). Das Zitat stammt von Thomas Jefferson (1743–1826), dem dritten Präsidenten der USA, der selbst im Besitz von Sklaven war. Es spiegelt seine widersprüchliche Haltung zur Sklaverei wider.

Am 24. Januar 1786 schrieb Jefferson in einem Brief an Jean Nicolas Démeunier, einen französischen Politiker und Unterstützer der Französischen Revolution: »Was für eine wundersame, was für eine unbegreifliche Maschine ist der Mensch! Er, der Mühsal, Hungersnot, Peitschenhiebe, Gefangenschaft und sogar den Tod zu ertragen bereit ist, wenn es um die Verteidigung seiner eigenen Freiheit geht, bürdet schon im nächsten Moment seinen Mitmenschen eine Sklaverei auf, die allein in einer Stunde mehr Elend erzeugt als er selbst in jenen Zeiten durchleben musste, gegen die er sich in Rebellion erhob.«

Was Jefferson hier über die Bedingungen schrieb, unter denen weiße Amerikaner unter der Herrschaft der britischen Krone litten, gegen die sie rebellierten und ihre Unabhängigkeit erstritten, ist wirklich eine äußerst erstaunliche Aussage von jemandem, der nicht nur einer dieser amerikanischen Revolutionäre, sondern auch selbst Sklavenhalter war. Jeffersons Worte zeigen uns, dass ihm das Elend, das er und seiner Klasse verursachten, sehr wohl bewusst war. Man könnte sogar sagen, dass er sehr intime Kenntnis davon hatte – angesichts der sexuellen Beziehungen, die Jefferson zu schwarzen Frauen hatte, die sich in seinem Besitz befanden.

Wenn wir Jeffersons Worte ernst nehmen, drückt er damit auf jeden Fall eines klipp und klar aus: Dass Schwarze in viel höherem Maße ein Recht auf Revolution haben, als britische Amerikaner unter dem weit entfernten König einer ausländischen Macht je hatten.
Übersetzung: Jürgen Heiser

 
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