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Kolumne 1.009 vom 18.05.2020: Nicht zu entschuldigen

18.05.20 (von maj) Vor 35 Jahren verübten Polizeikräfte einen Brandanschlag auf das Gemeinschaftshaus der Organisation »Move«

Mumia Abu-Jamal * Link zum Artikel in junge Welt Nr. 115 vom 18. Mai 2020: Bitte HIER klicken!

Nicht zu entschuldigen
Der 13. Mai steht in diesem Jahr für den 35. Jahrestag des abscheulichen Massakers in der Osage Avenue in Südwestphiladelphia. Militärisch ausgerüstete Polizeitruppen warfen damals eine Brandbombe aus einem Helikopter auf ein Reihenhaus, das unter Nachbarn als das »Move-Haus« bekannt war. Als das Gemeinschaftshaus der Kommune »Move« (linke afroamerikanische Organisation, jW) völlig niedergebrannt war, lagen sechs Männer und Frauen und fünf Kinder tot in der rauchenden Asche.

Die einzige Person, die nach diesem Desaster strafrechtlich verfolgt wurde, war Ramona Africa, die dem Feuertod nur knapp entgangen war. Ihre Arme sind dauerhaft gezeichnet von Brandnarben. Als Ramona sich damals durch die Flammen ins Freie kämpfte, erwartete sie nicht die Rettung aus einem Inferno, sondern sie wurde sofort verhaftet, und ein Strafurteil brachte sie für sieben Jahre ins Gefängnis.

Die Täter aber, die Cops, wurden mit Beförderungen und Gehaltserhöhungen belohnt, obwohl sie ein Haus in Brand gesteckt, ein ganzes Viertel mit 60 Häusern in Schutt und Asche gelegt und mehr als 200 Menschen obdachlos gemacht hatten.

Kurz vor dem 35. Jahrestag des Massakers bat nun Wilson Goode, von 1984 bis 1992 der erste schwarze Bürgermeister Philadelphias, der heute als Prediger tätig ist, öffentlich um Verzeihung für das damals Geschehene. In einem Gastkommentar der britischen Zeitung The Guardian erklärte er, es könne »niemals eine Entschuldigung dafür geben, einen Sprengsatz aus einem Hubschrauber auf ein Haus mit Männern, Frauen und Kindern fallen und dann das Feuer brennen zu lassen«. Die amtierenden Repräsentanten der Stadt forderte Goode dazu auf, es ihm gleichzutun.

Move lehnte Goodes Vorstoß jedoch ab und bezeichnete ihn als unaufrichtiges Täuschungsmanöver. »Keine Entschuldigung wird mein Baby oder eines der Kinder in diesem Haus oder unsere Brüder, Schwestern oder andere Opfer ins Leben zurückbringen«, sagte Sue Africa.

Selbst der ehemalige Gouverneur Ed Rendell, der auf Goode als Bürgermeister folgte und zuvor Bezirksstaatsanwalt von Philadelphia gewesen war, als Move-Mitglieder nach einem anderen Polizeiüberfall auf ihr Haus im August 1978 strafrechtlich verfolgt worden waren, spricht sich heute gegen die jahrzehntelangen Strafen aus, die damals über die »Move 9« verhängt wurden. Rendell verschweigt dabei, dass er als Gouverneur die Macht gehabt hätte, diese extrem hohen Strafen zu reduzieren. Doch während seiner achtjährigen Amtszeit hat er nichts dergleichen getan, und sieben Überlebende der »Move 9« kamen erst nach 40 Jahren Haft frei.

Das Massaker vom 13. Mai 1985 war nicht einfach nur eines von vielen Ereignissen in Philadelphia, es erschütterte die Nation. Die Nachricht darüber lief buchstäblich um die ganze Welt und erzählte die Wahrheit über das, was passiert war. Es waren vor allem rechte Kräfte und Figuren wie Daryl F. Gates, der frühere Polizeichef von Los Angeles (1978–1992), die damals ausdrücklich den Polizeieinsatz begrüßten. Gates nannte Bürgermeister Goode einen »Helden«. Die gewalttätige Polizeiaktion läutete eine Ära der Repression ein, zu der das Phänomen der Masseninhaftierungen gehört. Viele der heute 2,3 Millionen Gefangenen in den USA gerieten dadurch für lange Zeit hinter Schloss und Riegel. Diese Ära, diese menschenfeindliche Härte, muss ein für allemal abgelehnt und beendet werden.
Übersetzung: Jürgen Heiser

 
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