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Kolumne vom 11.01.03: Wer ist antiamerikanisch?

11.01.03 (von maj) Repressionen gegen fortschrittliche Kräfte haben in den USA eine lange Tradition

Mumia Abu-Jamal * junge Welt Nr .9, 11./12. Januar 2003

Was heißt das eigentlich, ein Amerikaner oder eine Amerikanerin zu sein? Gerade in diesen Tagen, in denen die amerikanische Nation auf einen Krieg zusteuert, beschäftigt diese Frage viele Menschen landauf, landab.
Eine Garde proimperialistischer Schreiberlinge von der Rechten bis zur sogenannten Linken wird nicht müde, den Vorwurf herunterzubeten, viele von denen, die sich - wie der Verfasser - aus Überzeugung dem Lager der Kriegsgegner und -gegnerinnen angeschlossen haben, seien »antiamerikanisch«. Natürlich sehen sich die Urheber dieses Vorwurfs nicht genötigt, Begründungen zu liefern, denn sie können vom stillschweigenden Einverständnis vieler ihrer Leserinnen und Leser ausgehen. Aber diese Beschuldigung hat eine lange Geschichte in den den USA und fordert deshalb ganz dringend eine Antwort heraus.
Vor einigen Jahrzehnten beschloß der US-Kongreß, genau zu definieren, was »Anti-Amerikanismus« sei, und setzte das berüchtigte HUAC ein - das »House Un-American Activities Committee«, den parlamentarischen Ausschuß für unamerikanische Umtriebe. Dieser Ausschuß führte einen ideologischen Krieg gegen kommunistische und sozialistische Kräfte und all jene, die gegen den repressiven Status quo der USA und für gesellschaftliche Veränderungen eintraten. Nur wenige erinnern sich noch an die »Rednecks«, die Reaktionäre, die im Auftrag der Regierung Menschen vor den Ausschuß zitierten und sie voller Anmaßung einer regelrechten Inquisition unterwarfen. Aber an Menschen wie Paul Robeson, W.E.B. DuBois und die »Hollywood 10« - Leute aus den Bereichen Film, Theater und Literatur, die damals als politisch Verdächtige galten und über die schwarze Listen geführt wurden - erinnert man sich heute noch mit großer Anerkennung.
Wer von denen, die sich auf diesen beiden Seiten gegenüberstanden, waren damals »gute Amerikanerinnen und Amerikaner«? Die reaktionären »Rednecks«, die wutschnaubend über die Verdächtigen herfielen und sich als ihre Herren aufspielten? Oder die Künstlerinnen und Künstler, die es wagten, vom Anbrechen einer neuen und besseren Zeit in Amerika zu träumen? Ich stehe auf der Seite von Robeson. Ich stehe ganz klar auf der Seite von DuBois und würde immer Schulter an Schulter mit den »Hollywood 10« stehen, die für das Recht eintraten, Werke zu schaffen, die die Wahrheiten über den Zustand dieser Gesellschaft widerspiegeln. Nichts hätte ich mit jenen Inquisitoren gemein, die wollen, daß Schweigen herrrscht über die staatliche Repression.
Tausende verloren damals Arbeit, Engagements und Aufträge, und einige von ihnen begingen im Angesicht der brutalen staatlichen Verfolgung Selbstmord. Die Hexenjagd in den 50er Jahren zerstörte ganze Familien - und war gleichzeitig der Auftakt zu Karrieren von Leuten wie Richard Nixon.
Über die Definition dessen, was als »amerikanisch« zu gelten habe, gab es während der gesamten Geschichte der USA kontroverse Auseinandersetzungen, und immer wenn der Staat in der Lage war, seine Vorstellungen durchzusetzen, bedeutete dies blinden Gehorsam denen gegenüber, die gerade an der Macht waren und das Land regierten.
Aber es gibt auch Millionen von Menschen, die an eine andere Definition glauben. Sie glauben an das Volk. Sie glauben nicht, daß eine Bevölkerung ihrer Regierung gehorchen muß, sondern daß die Regierung zum Gehorsam gegenüber der Bevölkerung verpflichtet ist. Sie glauben daran, daß jede und jeder das Recht hat, einen eigenen Beitrag zu dieser Definition zu leisten, nicht nur die, hinter denen finanzielle Interessen stehen. Und sie glauben nicht an die Macht des Imperiums.
Amerikaner oder Amerikanerin zu sein, bedeutet auch, in direkter Beziehung zu anderen Menschen in den Amerikas zu stehen - in Kuba, in Venezuela, in Nicaragua, in Brasilien und den anderen Ländern der Region. Wir glauben nicht daran, daß es das angeborene Recht der Norteamericanos ist, über alle anderen amerikanischen Staaten und Völker der Region zu herrschen wie der Imperator des Römischen Reiches. Weder das US-amerikanische Militär noch die CIA noch irgendeine andere Institution der USA hat das Recht, die Führer oder Organisationen eines benachbarten oder weiter entfernten Staates zu vernichten.
Wenn wir auf diese Weise definieren, was es heißt, ein Amerikaner oder eine Amerikanerin zu sein, dann ist daran nichts »antiamerikanisch«, sondern es zeigt die beste Seite von dem, was es bedeutet, Teil der Völker der Amerikas zu sein. Diese gute Seite Amerikas trifft man nicht in den Regierungsgebäuden an, schon gar nicht in den Machtzentren des Bush-Regimes. Man findet sie nur in den Herzen, Köpfen und den Seelen der Menschen.

Übersetzung: Jürgen Heiser

 
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