»Wie früher im Todestrakt«06.04.20 (von ivk-jw) Gefängnisse in Pennsylvania unter Quarantäne. Mumia Abu-Jamal berichtet von repressiveren Haftbedingungen / Seine für heute gedachte Kolumne konnte er leider nicht übermitteln
Link zum Artikel in junge Welt Nr. 82 vom 6. April 2020: Bitte HIER klicken! »Wie früher im Todestrakt« Verlässliche Informationen über die Lage der Häftlinge fließen in diesen Tagen nur spärlich. Das Department of Corrections (DOC), die Justizvollzugsbehörde von Pennsylvania, reagierte auf die Pandemie zunächst mit einem Besuchsverbot bis 10. April und der Aufforderung an die Insassen, Abstand zu halten und häufiger die Hände zu waschen. Am 29. März um 22 Uhr (Ortszeit) verhängte John Wetzel, Leiter des DOC, eine landesweite Quarantäne über alle 25 Haftanstalten des Bundesstaats mit rund 47.000 Insassen und 15.000 Beschäftigten. Die Maßnahme sei als »erzwungene soziale Distanzierung« notwendig, um das »in einer Einrichtung aufgetretene Virus einzudämmen und zu verhindern, dass es sich im gesamten System ausbreitet«. Wetzel gab an, »ein Insasse im Staatsgefängnis SCI Phoenix in Montgomery County« sei »positiv auf das Coronavirus getestet worden«. Laut der jüngsten DOC-Verlautbarung vom 31. März blieb es bei diesem einen Fall. Seitdem herrscht Stillschweigen. Diese Angabe lässt sich laut Prison Radio nur so erklären, dass in den Haftanstalten nicht auf das Virus getestet wird. Die offizielle Infektionsstatistik für Pennsylvania lässt indes auch unter Häftlingen mehr Fälle vermuten. Laut Gesundheitsministerium in Harrisburg waren bis Sonnabend (Ortszeit) 10.017 Einwohner positiv getestet und 136 am Virus verstorben. Wie das Berliner Free-Mumia-Bündnis Mitte letzter Woche mitteilte, sei bei einer Telefonkonferenz von Mumia-Unterstützern bekanntgeworden, dass in Pennsylvania »mehrere Gefangene an dem Coronavirus erkrankt sind«. In einem Gefängnis sei es bis Ende März »laut Aussage eines Journalisten bereits zu fünf Todesfällen« gekommen. Die zuständige Behörde verlege ständig Häftlinge »von Gefängnis zu Gefängnis, ohne Tests durchzuführen«. Abu-Jamal beschrieb die Lage im Staatsgefängnis SCI Mahanoy so, dass die Anstaltsleitung »repressiver« vorgehe »als Antwort auf Covid-19«. Das sagte er am vergangenen Dienstag in einem Telefonat mit Johanna Fernández, der Sprecherin seines Verteidigungsteams. Demnach seien Gefangene den ganzen Tag in ihren Zellen eingeschlossen. Für 45 Minuten täglich werde der Einschluss unterbrochen. Dann dürften sich »bis maximal vierzehn Männer auf dem Traktflur aufhalten«, so Abu-Jamal, um entweder »zu duschen, zu telefonieren, am Kiosk einzukaufen oder die Zelle zu putzen«. Besonders hart trifft die Gefangenen die Streichung des täglichen Hofgangs und damit der völlige Entzug von frischer Luft und Sonne. Fernández zitierte Abu-Jamal mit den Worten, seine Haftbedingungen seien derzeit von Isolation gekennzeichnet »wie früher im Todestrakt« oder wie »im Loch«, der Zelle für die sogenannte verschärfte Einzel- oder Disziplinarhaft. An Schutzmitteln gegen Infektionen erhielten Gefangene in Mahanoy bislang nur ein paar Gesichtsmasken. Waschen können sie sich lediglich mit Handseife und kaltem Wasser. Aber auch bei besserem Infektionsschutz blieben Probleme wie Überbelegung und der Kontakt zu Anstaltsbediensteten, »die keine Masken tragen und sich außerhalb unkontrolliert bewegen«, wie es ein Gefangener an Prison Radio schrieb. Bret Grote, einer der Anwälte Abu-Jamals, warnte deshalb, in den Gefängnissen werde sich »die Infektionsrate erhöhen und den Ausbruch von Covid-19 unweigerlich verlängern«. Es gebe schließlich »mehr Gefängnisbetten als Krankenhausbetten in diesem Land«. Als »vernünftige Reaktion auf die Krise« sei deshalb »eine koordinierte nationale Anstrengung« erforderlich, »so viele Menschen wie möglich aus dem Gefängnis zu holen – und zwar schnell«. Dem seien bislang nur Behörden in Los Angeles, Cleveland und New York City nachgekommen, wo jeweils Hunderte Gefangene aus der Haft entlassen wurden, so Grote. |
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