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Kolumne 993 vom 27.01.2020: Delbert Africa endlich frei

27.01.20 (von maj) »Move 9«-Mitglied nach über vier Jahrzehnten aus Staatsgefängnis entlassen

Mumia Abu-Jamal * Link zum Artikel in junge Welt Nr. 22 vom 27. Januar 2020: Bitte HIER klicken!

Delbert Africa endlich frei
Delbert Africa, Mitglied der Move-Organisation, war seit dem Polizeiüberfall auf das Gemeinschaftshaus der Gruppe in Philadelphia am 8. August 1978 als einer der damals verhafteten »Move  9« im Gefängnis. Die neun Männer und Frauen waren zu Haftstrafen zwischen 30 Jahren und lebenslänglich verurteilt worden. Nach über vier Jahrzehnten konnte Delbert am 18. Januar endlich das Staatsgefängnis Dallas in Pennsylvania als freier Mann verlassen. Draußen erwarteten den heute 73jährigen politischen Gefangenen weitere Mitglieder der Move-Organisation: Ramona, Pam, Jeanette, Janine, Moe, Mary, Carlos und Consuela Africa. Seine Brüder und Schwestern begrüßten ihn lautstark mit dem Ruf »Lang lebe John Africa!«, der an den verstorbenen Move-Gründer erinnert, und skandierten weitere Move-Parolen. Delbert war bei guter Laune, scherzte aufgedreht mit denen, die ihn voller Freunde empfingen, und ließ sich mitgebrachte Sandwiches schmecken.

Der 8. August des Jahres 1978 war ein grauenhafter Tag, der immer für den Überfall auf das Move-Haus in Westphiladelphias Stadtteil Powel­ton Village stehen wird. Hunderte Polizisten feuerten Tausende Schüsse aus Pistolen und Gewehren auf das Gemäuer, in dem sich Männer, Frauen und Kinder aus Angst vor der Gewalt im Keller zusammengekauert hatten. Als die Polizeiarmee mit dem wilden Beschuss nicht erreichen konnte, die Bewohner aus dem Haus zu treiben, überschwemmte sie den Keller mit einer Wasserflut aus Hochdruckkanonen, der sich die Belagerten kaum erwehren konnten, die nur knapp dem Tod durch Ertrinken entgingen.

Als Delbert mit nacktem Oberkörper und weit ausgestreckten Armen das Haus verließ, wurde er sofort von mehreren Polizisten durch Schläge mit Fäusten und Gewehrkolben zu Boden geworfen und mit zahllosen Tritten gegen seinen Kopf schwer misshandelt. Die Videoaufnahmen dieser exzessiven Polizeigewalt wurden im Fernsehen verbreitet. Als drei der Polizisten Jahre später für den gewaltsamen Übergriff auf Delbert vor Gericht standen, mussten sie sich jedoch über eine Bestrafung keine Sorgen machen. Richter Stanley L. Kubacki ignorierte den klaren Videobeweis und sprach die Cops Charles Geist, Terrence Mulvihill and Joseph Zagame im Februar 1981 vom Vorwurf der schweren Körperverletzung im Amt frei. Als Rechtfertigung für den angeblich »verhältnismäßigen« Einsatz staatlicher Gewalt gegen Delbert führte Kubacki unter anderem dessen »muskulösen Körper« an.

Ironischerweise kann man heute sagen, dass einer der drei Polizisten besser damit gefahren wäre, wenn er damals verurteilt und ins Gefängnis gesteckt worden wäre, denn wenige Wochen nach dem Freispruch war auf ihn geschossen worden. Er wurde schwer verletzt und blieb für den Rest seines Lebens gelähmt an den Rollstuhl gefesselt. Täterin war seine Ehefrau, die wie er Polizistin war.

Delbert Africa ist nach 42 Jahren Knast wieder in Freiheit. Sein Anwalt Brad Thomson sagte, die Entscheidung, Delbert auf Bewährung freizulassen, bestätige, »was die Bewegung zur Befreiung der ›Move 9‹ seit Jahrzehnten erklärte: dass ihre fortgesetzte Inhaftierung ungerecht ist«. Nun sitzt noch als letzter der »Move 9« Charles »Chuck« Africa hinter Gittern und wartet darauf, dass die Solidarität der Bewegung auch ihn befreit. Chuck war letzten Monat auch vor dem Bewährungsausschuss, wozu Anwalt Thomson erklärte: »Wir sind optimistisch, dass er in naher Zukunft entlassen wird.«

Übersetzung: Jürgen Heiser

 
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