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Kolumne 923 vom 17.09.2018: Aus dem Gefängnisalltag

17.09.18 (von maj) Pennsylvanias Gefängnisbehörde führt nicht nur gegen alle Gefangenen Krieg, sondern auch gegen die Verfassung

Mumia Abu-Jamal * Link zum Artikel in junge Welt Nr. 216 vom 17. September 2018: Bitte HIER klicken!

Aus dem Gefängnisalltag
Es geschah am letzten Mittwoch im August 2018 so gegen 20.30 Uhr, dass uns hier im Trakt über die Lautsprecheranlage mitgeteilt wurde, ab sofort sei »Einschluss für alle Häftlinge« im Gefängnis angeordnet. Anscheinend war das eine Reaktion auf mehrere Messerstechereien, die mit Drogen in Zusammenhang gebracht worden waren. Obwohl die Vorfälle sich in anderen Gefängnissen im Westen von Pennsylvania ereignet haben sollen, wurden sofort alle Insassen der 30 Staatsgefängnisse des Bundesstaats weggesperrt. »Einschluss« bedeutet, dass sich außer dem Personal im ganzen Knast nichts und niemand mehr bewegt. Das heißt, alle Gefangenen werden rund um die Uhr in ihren Zellen eingeschlossen, alle Besuche werden abgesagt, ein- und ausgehende Post wird angehalten.

Nachdem ein paar Tage unter diesen Bedingungen vergangen waren, verteilten die Wärter ein dreiseitiges Schreiben, mit dem alle Insassen über neue Vorschriften informiert wurden. Angeblich soll damit künftig der Drogenschmuggel im Knast unterbunden werden. Vorläufig würde kein Gefangener mehr Post erhalten, hieß es, weil die gesamte Korrespondenz zunächst an eine Privatfirma in Saint Petersburg in Florida umgeleitet werde. Der Grund: Alle Postsendungen müssen jetzt eingescannt werden, um sie in einer Datenbank zu speichern, die von den Sicherheitsbehörden permanent durchsucht werden kann. Nach dem Scannen wird das Original vernichtet, und an den Knast in Pennsylvania wird nur eine digitale Datei geschickt, von der die Gefangenen nur noch eine Kopie erhalten. Verteidigerpost wird künftig von Knastbeamten fotokopiert und dem in der Anschrift genannten Gefangenen als Ablichtung ausgehändigt.

Drei Monate lang darf kein Besucher mehr Lebensmittel aus den dafür vorgesehenen Automaten erwerben. Es dürfen beim Besuch auch keine Fotos mehr gemacht werden. Gefangenen und ihren Angehörigen ist es ab sofort außerdem nicht mehr erlaubt, wie bisher selbst Bücher bei Verlagen oder Buchvertrieben zu bestellen. Das läuft nur noch über einen Pool der Verwaltung, die sich damit ein Monopol sichert.

Wer als offizieller Behördenvertreter oder als Rechtsbeistand Gefangene besucht, muss künftig medizinische Plastikhandschuhe tragen. Das dient keiner gesundheitlichen Vorsorge, vermittelt vielmehr die Botschaft, dass Menschen im Gefängnis und ihre Familien irgendwie kontaminiert sind. Das ist extrem entwürdigend.

Wie es scheint, führt das »Pennsylvania Department of Corrections« (PADOC), die oberste Gefängnisbehörde des Bundesstaates, einen Krieg zur Unterbindung aller Kontakte mit der Öffentlichkeit. Die Verantwortlichen des PADOC scheinen völlig durchzudrehen. Das mag daran liegen, dass sie sich mehr als alles andere mit Drogenpolitik befassen. Ja, das ist natürlich ein Krieg gegen die Gefangenen, aber es ist auch ein Krieg gegen jede menschliche und wissenschaftliche Erkenntnis – und letztlich ein Krieg gegen die Verfassung.

Übersetzung: Jürgen Heiser

 
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