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Kolumne 905 vom 23.04.2018: Freiheit für »Zeke«

23.04.18 (von maj) Seit 40 Jahren sitzt ein Mann in Pennsylvania unschuldig im Gefängnis

Mumia Abu-Jamal * Link zum Artikel in junge Welt Nr. 94 vom 23. April 2018: Bitte HIER klicken!

Freiheit für »Zeke«
Im Südwesten Pennsylvanias erregte vor rund 40 Jahren der Prozess gegen Charles Goldblum großes Aufsehen. Wie berichtet wurde, soll Goldblum am Abend des 9. Februar 1976 George Wilhelm auf dem Oberdeck eines Parkhauses in der Innenstadt von Pittsburgh vorsätzlich ermordet haben. Der damals 26jährige Goldblum war verheiratet, arbeitete als Steueranwalt bei einem bekannten Steuerberater und gab nebenberuflich Vorlesungen über Buchführung an der University of Pittsburgh. Er war der zweite Sohn eines prominenten Rabbiners der Beth-Shalom-Synagoge. Als der Prozess näherrückte, bedurfte es keiner Wahrsagerin, um zu ahnen, dass der Fall – der täglich Schlagzeilen in allen Zeitungen der Stadt machte – schon bald die Karriere von jemandem beenden würde.

Für Goldblum wurde das Verfahren zum Fluch. Es ist eine Sache, für einen aufsehenerregenden Mord vor Gericht gestellt zu werden, aber eine ganz andere, verurteilt zu werden und zu wissen, dass man unschuldig ist. Was Goldblum dazu zu sagen hätte, liegt auf der Hand. Beachtenswert sind indes die Worte des Staatsanwalts Peter Dixon und die seines Prozessrichters, Donald Ziegler.

Dixon schrieb in einer eidesstattlichen Erklärung, die er Jahre nach dem Prozess bei Gericht einreichte, Goldblum sei des Mordes an George Wilhelm »nicht schuldig«, und er bezeichnete den Prozess als »Justizirrtum«. Richter Ziegler machte mehrere Eingaben beim Bewährungsausschuss von Pennsylvania und setzte sich für Goldblums vorzeitige Freilassung ein. Er war zu dem Schluss gekommen, dass der Prozess damals anders ausgegangen wäre, wenn nicht zwölf Geschworene über den Angeklagten gerichtet hätten, sondern er den Fall als Einzelrichter zu entscheiden gehabt hätte. Dann wäre Goldblum freigekommen.

Goldblum, von seinen Freunden »Zeke« genannt, fiel jedoch einem gewissen Clarence Miller zum Opfer, einem damals 38jährigen Mann, der die Mentalität eines Kindes hatte und als Erzähler phantastischer Geschichten bekannt war. Miller beschuldigte Goldblum des Mordes an Wilhelm, durchlief drei Lügendetektortests und bestand keinen einzigen. So wurde auch er eingesperrt.

Als die Pittsburgher Polizisten am Tatort eintrafen, fanden sie den aus vielen Wunden blutenden Wilhelm. Sein Körper war mit Stichwunden übersät. Aber er lebte noch und sprach mit letzter Kraft die Worte: »Cla­rence … Clarence Miller hat mir das angetan.« Im Gesetz ist das als »Erklärung eines Sterbenden« bekannt, eine der Beweisformen, der vor Gericht normalerweise hohe Glaubwürdigkeit zugemessen wird.

Doch nicht so in diesem Verfahren. Am 31. August 1977 befand eine Jury Goldblum wegen des Mordes an George Wilhelm für schuldig. Er wurde nur auf der Basis der Aussage Millers zu lebenslanger Haft plus 15 bis 30 Jahren verurteilt. Miller selbst wurde ein Jahr später ebenfalls wegen Mordes an Wilhelm zu lebenslänglich verurteilt. Er starb schon 2006 in Haft, aber Goldblum sitzt weiter in einem Staatsgefängnis in Pennsylvania.

Charles »Zeke« Goldblum kämpft mit Unterstützung seiner Familie weiterhin für seine Freiheit.

Übersetzung: Jürgen Heiser

www.freezeke.com

 
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