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Kolumne 898 vom 5.03.2018: Unsichtbare Opfer

05.03.18 (von maj) Sieben Wärter misshandelten in einem Gefängnis über Jahre mehrere Frauen. Die Aufseher konnten dies, weil sie Vertreter der staatlichen Macht waren

Mumia Abu-Jamal * Link zum Artikel in junge Welt Nr. 54 vom 5. März 2018: Bitte HIER klicken!

Unsichtbare Opfer
Sie stellen einen Querschnitt der männlichen Bevölkerung der USA dar, sie sind Schwarze und Weiße, letztere dem Klang ihrer Namen nach offensichtlich auch mit italienischem und griechischem Hintergrund. Sieben Wärter des Bezirksgefängnisses von Lackawanna County in Pennsylvania. Sieben Männer, die gemeinschaftlich in 37 Fällen im Amt sexuelle Übergriffe auf 13 Frauen begingen. Um welche Frauen es sich dabei handelte? Die lokalen Medien verfolgen eine Pressepolitik, nach der sie in solchen Fällen keine Namen der Opfer nennen. Konkret hat das jedoch zur Folge, dass die Betroffenen völlig unsichtbar bleiben. Diese Frauen befanden und befinden sich in Haft und waren als Gefangene, als Insassinnen einer Strafanstalt, ohnehin schon unsichtbar. Das wurde ihnen auch schmerzlich bewusst, als ihre Klagen über den Missbrauch jahrelang auf taube Ohren stießen und sie nicht nur ignoriert, sondern zusätzlich noch Opfer von Vergeltung wurden. So gingen die Angriffe auf sie unaufhörlich weiter.

Vor kurzem wurde offiziell das Gerichtsverfahren gegen die »Lackawanna County 7« eingeleitet. Niemand weiß, wie es enden wird. Wird das Gericht die Angeklagten verurteilen oder freisprechen? Die Anklage lautet auf »sexuellen Missbrauch von Frauen«, von weiblichen Strafgefangenen. In den heutigen Vereinigten Staaten von Amerika werden sowohl der Straftatbestand als auch die Opfer, gegen die sich die Angriffe der Täter richteten, in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen.

Im lokalen Fernsehen waren Aufnahmen zu sehen, in denen die sieben Exwärter nach Anklageerhebung in Handschellen aus dem Verhandlungssaal geführt wurden. Sie waren nicht zu erkennen, weil sie ihre Basecaps tief ins Gesicht gezogen hatten. Man konnte deshalb ihr Alter nicht schätzen, ich nahm aber an, dass sie alle noch jüngere Männer waren. In den Presseberichten dagegen stand zu lesen, dass sie zwischen 42 und 53 Jahre alt sind, also reife Männer, Väter, vielleicht sogar schon Großväter.

Sexuelle Misshandlungen und Belästigungen weiblicher Häftlinge seien in diesem Gefängnis zu einer »weitverbreiteten Kultur« geworden, schrieb die ermittelnde Grand Jury in ihrer 28seitigen Anklageschrift gegen den Exjustizbeamten John Shnipes und sechs weitere Gefängniswärter. Das Dokument wurde im Februar nach den vorläufigen Festnahmen aller sieben veröffentlicht, bevor sie gegen Kautionen zwischen 25.000 und 100.000 US-Dollar wieder auf freien Fuß gesetzt wurden. In der Zusammenfassung der von den dreizehn Frauen vorgebrachten Beschuldigungen hieß es, die Wärter hätten sexuelle Handlungen erzwungen, indem sie ihre Macht dazu nutzten, die inhaftierten Frauen mehr als ein Jahrzehnt lang zu manipulieren und zu dominieren.

»Aufgrund ihres Häftlingsstatus wollten die Frauen den Missbrauch und die Belästigungen jedoch nicht den Behörden melden«, schrieb die Grand Jury. Die Frauen hätten Angst vor negativen Folgen und vor Bestrafung gehabt. Um zu überleben, hätten sie sich deshalb dafür entschieden, die sexuell unterdrückerische Umgebung zu ertragen, die ihnen in diesem Gefängnis »als Status quo und ganz normaler Alltag erschien«.

Die sexuellen Übergriffe auf Frauen in einem Bezirksgefängnis von Pennsylvania sind nichts anderes als die Übergriffe von Männern aus der Filmindustrie auf junge Schauspielerinnen und bekannte Stars, denn es ging um Macht, um die Ausübung männlicher Macht gegen Frauen. Im vorliegenden Fall geht es jedoch um staatliche Macht, um die Macht des Gesetzes. Mit dieser Macht fühlten sich die Wärter dazu legitimiert, den ihnen ausgelieferten Frauen alles antun zu dürfen, wonach ihnen gerade war. Was nun passieren wird? Wir werden sehen.

Übersetzung: Jürgen Heiser

 
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