Kampf gegen die Sklavenarbeit
14.10.16 (von ivk-jw) Vier Wochen Gefangenenstreik in den USA. Medien schweigen Ausstand tot
Link zum Artikel in junge Welt Nr. 240 vom 14. Oktober 2016: Bitte HIER klicken!
Kampf gegen die Sklavenarbeit
Zum Ende der vierten Woche des Streiks von Häftlingen gegen die Zwangsarbeit im US-Gefängnissystem wird der Arbeitskampf der Männer und Frauen weiterhin von den Konzernmedien der Vereinigten Staaten totgeschwiegen. In Mitteilungen nach draußen, die von Unterstützern in den sozialen Medien verbreitet werden, beklagen Inhaftierte, die Gefängnisbehörden der vom Streik betroffenen Bundesstaaten fühlten sich bei den Repressalien gegen Streikende zu Recht unbeobachtet. Es fehle der Schutz der Öffentlichkeit, den auch die Solidaritätsgruppen trotz ihrer Berichte im Internet nicht ausreichend gewährleisten könnten. Azzurra Crispino, Sprecherin des »Incarcerated Workers Organizing Committee«, das den Streik von Beginn an mittrug, erklärte dazu, es sei »interessant, dass die ausländische Presse freundlicher zu uns ist«. Gegenüber dem Nachrichtenportal Mint Press News nannte sie den britischen Guardian und das englischsprachige Programm des Senders RT als Beispiele für kontinuierliche Berichterstattung.
Adam Johnson, Medienanalyst der Organisation »Fairness and Accuracy in Reporting« (FAIR), die sich gegen einseitige und falsche Berichterstattung sowie gegen die Selbstzensur der US-amerikanischen Medien engagiert, kritisiert auf Twitter immer wieder das Totschweigen des Streiks durch die großen Zeitungen und Fernsehsender. So schrieb er Ende September: »19 Tage im historisch größten Gefangenenstreik und immer noch keine Berichte von New York Times, Washington Post, CNN, MSNBC.« Daran hat sich bis heute nichts geändert. Mit ihrem Kampf »gegen die Sklavenarbeit« wollen die Streikenden eine gerechte Bezahlung sowie weitere Verbesserungen der Haft-, Ausbildungs- und Entlassungsbedingungen für die rund eine Million Gefangenen erreichen, die in den USA Zwangsarbeit leisten.
Den am 9. September begonnenen Streik haben nach letzten Auswertungen aller verfügbaren Informationen bislang rund 72.000 Häftlinge in 22 Bundesstaaten mitgetragen. Das meldete das »Solidarity Research Center« (SRC), ein Zusammenschluss investigativer Journalisten, die sich in Los Angeles den Themen Arbeitswelt und Umweltschutz widmen. Laut SRC sind in kalifornischen Haftanstalten 5.588 »inhaftierte Arbeiterinnen und Arbeiter gegen äußerst geringe oder gar keine Bezahlung« in Knastbetrieben beschäftigt. Diese Angabe stützt sich auf offizielle Statistiken der Behörden für die durchschnittliche Beschäftigtenzahlen von Januar bis Ende Juli 2016 in 34 Haftanstalten. Weitere 4.000 Strafgefangene aus dem Normalvollzug, die als Feuerwehrleute in der Waldbrandbekämpfung eingesetzt werden, erhalten zwei US-Dollar Lohn pro Tag. Sie seien jedoch weder ausreichend ausgebildet noch angemessen ausgerüstet, was bei den in jedem Sommer grassierenden Waldbränden ein erhöhtes Risiko für Leib und Leben bedeute.
Die Beschwerden der Häftlinge über ihre brutale Ausbeutung unter oft allen Vorschriften zur Arbeitssicherheit widersprechenden Bedingungen ignorierte der Staat Kalifornien jedoch bislang angesichts der Profite, die er aus der Zwangsarbeit generiert. Von 2014 bis 2015 betrug der Umsatz 207 Millionen US-Dollar mit einem Gewinn von 58 Millionen Dollar. Das gibt die zuständige Gefängnisindustriebehörde »California Prison Industry Authority Board« (Calpia) in ihrer »Jahresplanung für das Finanzjahr 2016/17« an.
Calpia betreibt Fabriken, Service- und Agrarunternehmen und ist gehalten, seine Waren und Dienstleistungen nur an den öffentlichen Sektor zu verkaufen. So arbeiten Häftlinge der durch ihre Isolationstrakte berüchtigten Haftanstalt Pelican Bay in Großwäschereien für den Schulbezirk Del Norte. Seit der Gesetzesreform »Gefängnisinsassen-Arbeitsinitiative« von 1990 dürfen in Kalifornien allerdings auch Privatfirmen hinter Gittern Calpia-Subunternehmen betreiben.
Nach Analyse des SRC sorgt jede inhaftierte Arbeitskraft in Kalifornien jährlich für 41.549 Dollar Umsatz und bringt damit 10.238 Dollar Profit ein. Der Verlust, den der Staat durch den Streik erlitten hat, wird von der Calpia-Behörde vorläufig mit 636.068 Dollar Umsatz oder 156.736 Dollar Gewinn beziffert.
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