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Lager Guantánamo: Zweiter Versuch

25.02.16 (von ivk-jw) Obama plant erneut, Gefangenenlager Guantanamo Bay zu schließen. Insassen sollen in USA verlegt werden

Link zum Artikel in junge Welt Nr. 47 vom 25. Februar 2016: Bitte HIER klicken!

Zweiter Versuch
Der Generalsekretär von Amnesty International, Salil Shetty, kritisierte am Mittwoch in London bei der Vorstellung des Jahresberichts der Organisation die US-Regierung dafür, das Gefangenenlager auf dem US-Marinestützpunkt Guantanamo Bay immer noch nicht geschlossen zu haben. US-Präsident Barack Obama habe sein 2009 gegebenes Versprechen bis heute nicht eingelöst. Am Tag zuvor war Obama im Weißen Haus mit seinem neuen Plan vor die Presse getreten, das Lager nun »endgültig schließen« zu wollen. Flankiert wurde er bei diesem Auftritt von Vizepräsident Joseph »Joe« Biden und US-Verteidigungsminister Ashton Carter. Er wolle das Problem »nicht an den nächsten Präsidenten weiterreichen, wer auch immer das sein mag«, erklärte Obama mit Blick auf den laufenden Vorwahlkampf. Gerichtet an den von Republikanern beherrschten US-Kongress rief er die Abgeordneten auf, »dem vom Verteidigungsministerium erarbeiteten Plan eine faire Chance zu geben«.
Kernpunkt ist die Verlegung der verbliebenen Gefangenen in Hochsicherheitsgefängnisse in den USA. Der US-Kongress hatte genau diesen Schritt 2011 mit der republikanischen Stimmenmehrheit per Gesetz verboten. Vor der Präsidentschaftswahl im November dürfte sich diese Haltung kaum ändern, wie spontane Reaktionen von Republikanern erkennen ließen, die Obama vorwerfen, er wolle »gefährliche Terroristen in Einrichtungen auf amerikanischem Boden« unterbringen, wie Präsidentschaftsbewerber Rafael »Ted« Cruz sagte. Dessen Konkurrent, Marco Rubio, warf Obama vor, »sein politisches Erbe über die Interessen des amerikanischen Volkes zu stellen«.
In Guantanamo Bay werden immer noch 91 Gefangene festgehalten. 35 von ihnen sind sogenannte geklärte Fälle, die Washington bis Ende des Sommers in aufnahmebereite Drittstaaten überstellen will. Ihnen könnten zehn weitere Gefangene folgen, deren Fälle noch von Militärkommissionen geklärt werden sollen. Die restlichen 46 bis 56 Häftlinge sollen auf Gefängnisse in den USA verteilt werden.
Im Mittelpunkt internationaler Kritik stehen die unbegrenzte Haftzeit und der völlig rechtlose Status der Insassen auf einem exterritorialen Militärgelände der USA ohne reguläre Gerichtsverfahren. Obama wiederholte deshalb seinen Vorschlag, »diese Verfahren der Häftlinge, die immer noch der Militärgerichtsbarkeit unterliegen«, könnten auch von zivilen Bundesgerichten in den USA übernommen werden. Der am Dienstag vorgestellte Plan sieht 13 Haftorte vor, die aber nicht näher benannt werden, wohl um in den betreffenden Bundesstaaten vor der Wahl Ablehnungskampagnen zu vermeiden.
Obama brachte für seinen Schließungsplan erneut finanzielle Gründe vor. Das Weiße Haus gibt die jährlichen Kosten der Marinebasis »Gitmo« mit 445 Millionen US-Dollar an, die durch die Schließung des Lagers um 140 bis 180 Millionen US-Dollar reduziert werden könnten. Gleichzeitig wird daran erkennbar, dass trotz der verbesserten Beziehungen mit Havanna Washington nicht daran denkt, Kubas Forderung zu folgen, das vom US-Militär illegal besetzte Territorium ganz zu räumen.
US-Menschenrechtsgruppen kritisierten Obamas Plan aus unterschiedlichen Gründen. »Close Guantánamo« verurteilte scharf, dass immer noch Militärkommissionen für die »ungeklärten Fälle« zuständig seien. Die Initiative erinnerte den US-Präsidenten an die Worte des früheren Außenamtsbeauftragten für die Schließung Guantanamos, Cliff Sloan. Der habe im vergangenen November in der Washington Post vertreten, Obama brauche »nicht die Zustimmung des Kongresses zur Schließung«. Er besitze vielmehr laut Artikel II der Verfassung »die ausschließliche Zuständigkeit für alle Einrichtungen, in denen Gefangene des Militärs untergebracht sind«. Die solle er auch nutzen. Das »Center for Constitutional Rights« monierte, Obamas Plan bedeute »im Kern, dass diese Häftlinge, die man auch in Zukunft kaum wegen einer konkreten Straftat anklagen können wird, nur in Gefängnisse in den USA verlegt werden«. Damit werde »Guantanamo nicht wirklich geschlossen, es erhält nur eine neue Postleitzahl«, heißt es in einer Erklärung des Zentrums.
Jürgen Heiser

 
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