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Kolumne # 767 vom 31.08.2015: Schwarz und entbehrlich

31.08.15 (von maj) Katrina und Ferguson – Namen, die einen Begriff davon vermitteln, was »Amerika« wirklich ist

Mumia Abu-Jamal * Link zum Artikel in junge Welt Nr. 201 vom 31. August 2015: Bitte HIER klicken!

Schwarz und entbehrlich
Zehn Jahre ist die durch den Hurrikan »Katrina« ausgelöste Überschwemmungskatastrophe in New Orleans, Louisiana, jetzt her, und ein Jahr war es in diesem Monat, dass Flammen der Wut den nächtlichen Himmel von Ferguson, Missouri, hell erleuchteten. Beide Ereignisse sind Ausdruck des Zustands, in dem sich das schwarze Amerika befindet: vereinzelt, verteufelt, verdammt.
Als die Dämme brachen und sich das Wasser, das der Hurrikan »Katrina« mit sich führte, seinen Weg in die »Wards«, die 17 Stadtbezirke von New Orleans, bahnte, erlitt der »Ninth Ward«, der schwarze Bezirk, der auch der größte ist, die schlimmsten Zerstörungen. Aber der 9. Bezirk bekam auch die wenigste Nothilfe. Heute, zehn Jahre nach seiner furchtbaren Überflutung, lebt in diesem Bezirk nur noch die Hälfte seiner früheren Einwohnerschaft aus vorwiegend afroamerikanischen Angehörigen der Arbeiterklasse und in Armut lebenden Menschen.
Zehn Jahre nach der Katastrophe ist der Bezirk nur noch ein Abklatsch von dem, was er in seiner glorreichen Zeit vor der Flut war. Die Einwohner des 9. Bezirks erfuhren damals die nackte und brutale Wahrheit, dass sie alle sich selbst überlassen und dem alles niederreißenden Sturm und den Wassermassen schutzlos ausgeliefert waren. Sie hätten natürlich den Notruf 911 wählen können, und manche haben es sicher auch getan. Vielleicht ist am anderen Ende der Leitung sogar jemand an den Apparat gegangen, aber niemand schickte Rettungskräfte zu ihnen hinaus. Denn sie lebten ja im 9. Bezirk, und damit waren sie so entbehrlich, wie sie schwarz waren.
Machen wir einen Sprung nach Ferguson in die Zeit des Sommers 2014, als Michael Brown von einem Polizisten erschossen wurde und in der Folge der Protest der schwarzen Jugend explodierte. Junge schwarze Männer, Frauen und Kinder gingen auf die Straße und sahen sich mit dem Waffenarsenal der Polizei konfrontiert: Scharfschützengewehre, automatische Waffen und Humvee-Geländefahrzeuge des Militärs, mit denen aufgeschreckte und paranoide weiße Polizisten sich ihnen entgegenstellten.
Nicht vielen von uns ist bekannt, dass diese Proteste seitdem täglich weitergingen. Die Medien haben sich längst anderen Themen zugewandt, aber die Menschen in Ferguson haben sich nicht von ihrer Sache abbringen lassen. Aktivisten der Bewegung »Black Lives Matter« (»Schwarze Leben zählen«) haben Zelte in der Stadt aufgeschlagen, andere kommen regelmäßig zu festgelegten Zeiten in den Ort und reihen sich in die Proteste ein. Sie sind da – Tag für Tag, um uns an ihre sehr tiefsitzende und sehr reale Unzufriedenheit mit einem unterdrückerischen System zu erinnern, das ihr Leben bei Tag und Nacht in einen Alptraum verwandelt. Die Flammen in Ferguson lodern also weiter. Das Feuer der Unzufriedenheit lodert in ihren Herzen, bringt ihre Seelen zum Brodeln und beherrscht ihr ganzes Denken.
Und was blieb von »Katrina«? Wenn wir uns je gefragt haben, ob schwarze Leben wirklich zählen, dann hat das niederträchtige Verhalten der Regierung gegenüber den Einwohnern von New Orleans, vor allem jenen des 9. Bezirks, diese Frage eindeutig beantwortet. Politiker, Banken, Medien und weiße Unternehmensgründer nutzten die Not der Katastrophenopfer aus, rafften soviel sie konnten, gingen dabei förmlich über Leichen und überließen die unerschütterlichen Seelen des 9. Bezirks ihrem eigenen Schicksal: vereinzelt, verteufelt, verdammt. Katrina und Ferguson – Namen, die einen Begriff davon vermitteln, was dieses »Amerika« wirklich ist.

Übersetzung: Jürgen Heiser

 
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