USA: »Trend weg von der Todesstrafe«
17.02.15 (von ivk-jw) Gouverneur setzt Hinrichtungen im US-Bundesstaat Pennsylvania aus
Link zum Artikel in junge Welt Nr. 40 vom 17. Februar 2015: Bitte HIER klicken!
»Trend weg von der Todesstrafe«
Pennsylvania gehörte bislang zu den 32 US-Bundesstaaten, die an der Todesstrafe festhalten. Am vergangenen Freitag hat der erst seit 20. Januar amtierende demokratische Gouverneur Thomas Wolf nun nicht nur dem zum Tod verurteilten Terrance Williams einen vorläufigen Vollstreckungsaufschub gewährt, sondern die generelle Aussetzung von Hinrichtungen in Pennsylvania durch ein Moratorium verkündet. Williams’ Hinrichtung war noch kurz vor dem Ausscheiden von Wolfs Vorgänger, dem Republikaner Thomas Corbett, für den 4. März angeordnet worden. Mit seiner Entscheidung löste Wolf ein Wahlversprechen ein.
Das Moratorium ist befristet und gilt zunächst, bis ein vom Senat des Bundesstaats eingesetzter Ausschuss seinen Bericht über die Todesstrafe vorgelegt hat. In dem für 2015 erwarteten Report wird untersucht, wie die Todesstrafe praktiziert wird, ob sie wirklich dazu beiträgt, die Kriminalitätsrate zu senken, und ob sie überhaupt verfassungsgemäß ist. Wolf führte dazu aus, Zweifel an der »grundsätzlichen Fairness« solcher Urteile hätten ihn davon überzeugt, diese Praxis bis zur Vorlage der Studie zu stoppen.
Seine Entscheidung sei »keinesfalls ein Ausdruck von Sympathie für die Schuldigen im Todestrakt«, sagte Wolf. Sie beruhe vielmehr auf der Einsicht, dass es sich um »ein fehlerhaftes System« handele, das nachweislich zu einem endlosen Kreislauf von Gerichtsverfahren führe und »ineffektiv, ungerecht und teuer« sei. Seit der Wiedereinführung der Todesstrafe im Jahr 1976 sei bei 150 Personen ihre Unschuld bewiesen worden, darunter bei sechs Männern in Pennsylvania. In diesem Zeitraum hätten die früheren Gouverneure 434 Hinrichtungsbefehle unterzeichnet, die bis auf drei alle von Gerichten wieder aufgehoben worden seien. Ein Häftling habe sechsmal kurz vor der Hinrichtung gestanden, die jedes Mal durch Gerichte verhindert wurde. Zwei Häftlinge hätten mehr als 30 Jahre im Todestrakt gesessen – darunter der schwarze Aktivist und Journalist Mumia Abu-Jamal, dessen Kolumnen regelmäßig in junge Welt erscheinen.
Seit 1999 gab es in Pennsylvania keine Hinrichtungen mehr. Laut der Pittsburgh Post-Gazette gingen einige Beobachter jedoch davon aus, dass sich »bestimmte Fälle konkret der Hinrichtung nähern« würden. Aktuell sitzen drei Frauen und 183 Männer in Pennsylvanias Todeszellen. Sollten ihre jeweiligen Rechtsmittel ausgeschöpft sein und ihre Hinrichtung anstehen, will Wolf in jedem der Fälle »einen Vollstreckungsaufschub – keine Strafumwandlung – gewähren«.
Sprecher der Republikanischen Partei in beiden Kammern des pennsylvanischen Parlaments kritisierten Wolf wegen des Moratoriums ebenso wie die Vereinigung der Bezirksstaatsanwälte und Vertreter der Staatspolizei Pennsylvanias. Die Entscheidung stelle einen »Missbrauch seiner Macht«dar, monierten die Staatsanwälte in einer Erklärung. Es gehe Wolf nicht um das Warten auf die Ergebnisse der Studie des Senatsausschusses. Vielmehr ignoriere der Gouverneur »ordentlich gesprochenes Recht« und ersetze dieses durch »seine persönlichen Ansichten«. Der Bezirksstaatsanwalt Ed Marsico kündigte zudem rechtliche Schritte gegen das Moratorium an.
Demgegenüber äußerte die Bürgerrechtsorganisation »American Civil Liberties Union« (ACLU) von Pennsylvania gemeinsam mit Bischof David Zubik von der katholischen Diözese Pittsburgh, dem »Jüdischen Komitee der Region Pittsburgh« und dem »Rat für amerikanisch-muslimische Beziehungen« Unterstützung für Wolf. Das »Death Penalty Information Center« (DPIC) in Washington D. C. meldete, von 18 Bundesstaaten hätten allein in den vergangenen Jahren sechs die Todesstrafe abgeschafft. Gouverneur Wolf habe nun mit den Bundesstaaten Oregon, Washington und Colorado gleichgezogen, die auch Moratorien verhängt hätten. »Der Trend führt eindeutig weg von der Todesstrafe«, resümierte Richard Dieter, Direktor des DPIC, in der Pittsburgh Post-Gazette.
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