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Kolumne # 704 vom 21.06.2014: Krieg, der krank macht

21.06.14 (von maj) US-Rechte will mit Vorwürfen gegen freigekommenen Soldaten Bowe Bergdahl Präsident Obama attackieren. Der Fehler des Rekruten: Er hatte Mitgefühl

Mumia Abu-Jamal * junge Welt Nr. 141 – 21./22. Juni 2014

Für Sergeant Bowe Bergdahl, der als US-Soldat fünf Jahre lang in Gefangenschaft der afghanischen Taliban war, wird die lang ersehnte Rückkehr in seine Heimat sich eher in ein bitteres denn ein freudiges Ereignis verwandeln. Bereits Ende Mai, am Tag der Bekanntgabe seiner Freilassung aus den Händen seiner afghanischen Häscher und noch bevor überhaupt Freude darüber aufkommen konnte, gab es die ersten Beschuldigungen, Bergdahl sei ein Deserteur. Vereinzelt wurde sogar die Forderung laut, die US-Armee dürfe ihn nicht freilassen, sondern er müsse nach seiner Ankunft in den USA in ein US-Militärgefängnis überführt werden.
Sofern Bergdahl diese Kakophonie mitbekommen hat, mit der er in nur 24 Stunden unter dem Druck der Medien vom Sockel gestürzt und vom Helden zum Feind erklärt wurde, wird er sich vielleicht ein Rückflugticket nach Kabul gewünscht haben.
Bedauerlicherweise hat diese Entwicklung mehr mit US-Präsident Barack Obama zu tun als mit dem heute 28jährigen Soldaten Bergdahl. Denn gegenwärtig ist die Devise der Gegner Obamas, dessen politische Bestrebungen jederzeit aus vollen Rohren zu attackieren. Man will Obama nicht einmal die Illusion eines Erfolgs lassen. Das ist der Grund, warum die Rechte auch im Fall des freigekommenen Bergdahl wieder so viel Lärm schlägt.
Über Bergdahl, der mit 20 Jahren Soldat wurde, wird berichtet, ihn habe das Gemetzel, das die US-Streitkräfte unter der afghanischen Bevölkerung angerichtet haben, krank gemacht. Weil also seine menschlichen Instinkte durch das wachgerufen wurden, was er im Einsatz erlebt hat, wird er jetzt als »Deserteur« und »Feigling« beschimpft. Aber ist es denn feige, wenn man, wie Bergdahl, seinen Feinden unbewaffnet gegenübertritt? Ist es feige, wenn man sieht, wie Gewalt gegen ein unterdrücktes Volk gerichtet wird, und den Schmerz der Gequälten mitfühlt? Menschen überall auf der Welt haben mit ansehen müssen, wie massenhafter Tod Afghanistan heimsuchte, und haben diese Gewalt verabscheut. Bergdahl hat möglicherweise genauso wie sie empfunden. Jetzt steht er kurz davor, aus einem Militärkrankenhaus entlassen zu werden und in seine Heimatstadt zurückzukehren, wonach er sich jahrelang gesehnt hat. Vielleicht wird auch diese Erfahrung ihn am Ende krankmachen.

Übersetzung: Jürgen Heiser

 
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