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Kolumne # 703 vom 14.06.2014: Kämpferin für die Freiheit

14.06.14 (von maj) Am 1. Juni starb im Alter von 93 Jahren die Bürgerrechtlerin Yuri Kochiyama

Mumia Abu-Jamal * junge Welt Nr. 135 – 14./15. Juni 2014

Sie hieß Yuri Kochiyama, war japanischer Herkunft und in den Vereinigten Staaten von Amerika geboren. Ich zögere, sie eine »Japanese-American« zu nennen, denn das würde voraussetzen, daß sie tatsächlich als Bürgerin dieses Landes angesehen wurde. Vor dem Hintergrund jedoch, wie sie, ihre Familie und die gesamte Bevölkerungsgruppe während des Zweiten Weltkriegs behandelt worden waren, vor allem nach dem japanischen Bombenangriff auf Pearl Harbor im Jahr 1941, wäre es eine maßlose Übertreibung, sie als »Bürgerin der USA« zu bezeichnen.
Yuri war kaum zwanzig Jahre alt, als sie, ihr Bruder und ihre Eltern und alle Menschen japanischer Herkunft, die an der Westküste der USA lebten – mehr als 110000 Kinder, Frauen und Männer – gezwungen wurden, ihr Zuhause, ihre Schulen, ihre Arbeitsstellen, Geschäfte oder Gewerbebetriebe zurückzulassen, um in Konzentrationslagern im Landesinneren der USA interniert zu werden. Zwei Drittel der Betroffenen waren wie Yuri in den USA geboren und hatten auf diese Weise laut Verfassung automatisch die Staatsbürgerschaft erworben. Diese Tatsache hatte indes in diesem Moment keinerlei Bedeutung mehr. Sie waren Japanerinnen und Japaner – das reichte, ihnen ihre Bürgerrechte zu nehmen.
Im Zusammenhang mit den Erinnerungen an ihre Erfahrungen in diesen Internierungslagern nannte sie sich selbst eine »naive Banane« – außen gelb, innen weiß. Laut Überlieferungen von Historikern beschrieb sie das so: Wie die US-Nationalfarben »war ich rot, weiß und blau, als ich heranwuchs. Ich unterrichtete in der Sonntagsschule und war sehr, sehr amerikanisch. Aber ich war auch provinzlerisch. Wir waren einfach Kinder, die für ihre High School fieberten. Das alles änderte sich für mich an dem Tag, als Pearl Harbor bombardiert wurde. An diesem Tag, dem 7. Dezember (1941), kam das FBI und holte meinen Vater ab. Er war gerade einen Tag zuvor aus dem Krankenhaus entlassen worden. Tagelang wußten wir nicht, wo sie ihn hingebracht hatten. Als wir schließlich herausfanden, daß man ihn im Bundesgefängnis auf Terminal Island eingesperrt hatte, brach für uns über Nacht eine Welt zusammen.«
Im Dezember 1944 traf der Oberste Gerichtshof der USA im sogenannten Korematsu-Fall eine Entscheidung, mit der die Massenevakuierung und Internierung Zehntausender Menschen japanischen Ursprungs als »militärische Notwendigkeit« gerechtfertigt wurden.
Yuri entwickelte sich später zu einer entschiedenen Unterstützerin von Malcolm X und der schwarzen Freiheitsbewegung. Sie trat verschiedenen Bürgerrechtsorganisationen bei, die für die Freiheit und die Rechte der Schwarzen und US-Amerikaner asiatischer Herkunft kämpften. Durch ihr Engagement wurde sie zu einer Ikone dieser Bewegungen.
Yuri war am 19. Mai 1921 geboren worden, auf den Tag genau vier Jahre vor dem Tag, an dem Malcolm X geboren wurde. Ihren Familiennamen Nakahara legte sie bei ihrer Heirat mit Bill Kochiyama ab und führte fortan den Namen, unter dem wir sie kennenlernten. 1960 zogen die Kochiyamas nach Harlem, New York, wo sie für die Bürgerrechtsbewegung arbeiteten und sich in Kampagnen für bessere Bildung und angemessenen Wohnraum engagierten. Am 1. Juni 2014 hat sich die Freiheitskämpferin Yuri Kochiyama nach einem erfüllten Leben von 93 Lenzen auf den Weg zu ihren Vorfahren begeben.

Übersetzung: Jürgen Heiser

 
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