Kolumne # 690 vom 15.03.2014: Er war nicht käuflich
15.03.14 (von maj) Rufmord verhindert Karriere eines Anwalts, weil er von Verfassung garantierte Rechte verteidigt
Mumia Abu-Jamal * junge Welt Nr. 63 – 15./16. März 2014
Der US-Senat hat sich kürzlich geweigert, einen Kandidaten zu bestätigen, den US-Präsident Barack Obama als Chef der Abteilung für Bürgerrechte im US-Justizministerium favorisiert hatte. Als der Anwärter Debo Adegbile abgelehnt wurde, obwohl er als bestens ausgebildeter und fähiger Jurist die Idealbesetzung für den Posten wäre, triumphierten Angst und Lüge über Vernunft und Fakten. Die Mobber von der Broad Street (Sitz der zentralen Polizeibehörde von Nordwest-Philadelphia; d. Red.), auch bekannt als die rechte Polizeibruderschaft Fraternal Order of Police (FOP), hatten andere Vorstellungen, und deshalb nahmen sie es mit der Wahrheit nicht so genau. Bei ihrem Versuch, einmal mehr gegen mich loszuschlagen, begingen sie Rufmord an einem Mann, den sie weder kannten noch kennenlernen wollten. Ihnen reichte der einfache Umstand, daß Adegbile als Anwalt für den Rechtshilfefonds »Legal Defense Fund« (LDF) der Bürgerrechtsorganisation NAACP tätig ist, der seit 2010 meine Verteidigung stellt. Die FOP griff Adegbile an, weil er in meinem Fall Eingaben an US-Gerichte unterzeichnet und damit nichts anderes getan hatte, als einem Gefangenen die Wahrnehmung seiner von der Verfassung garantierten Rechte zu ermöglichen. Damit beschmutzte die FOP genau die Verfassung, auf die jeder Polizist seinen Diensteid leisten muß.
Es ist eine bittere Ironie, daß gerade dem Kandidaten, der für das höchste Amt zum Schutz der Bürgerrechte nominiert war, sein eigenes Recht auf ein faires Verfahren und sein Menschenrecht auf Verteidigung verwehrt wurde. Und ausgerechnet deshalb, weil er es gewagt hatte, das zu tun, wozu Rechtsanwälte laut Gesetz und Verfassung verpflichtet sind, nämlich ihre Mandanten angemessen zu verteidigen. Nur aus diesem Grund haben die Mobbingexperten von der FOP dafür gesorgt, daß er auf der Basis reiner Lügen abgelehnt und nicht ins Amt berufen wurde.
Wie bezeichnet man ein Land, in dem Polizisten entscheiden, wer Richter, Staatsanwalt oder Regierungsbeamter werden darf? Wir nannten so etwas immer einen Polizeistaat. Der verstorbene Richter Albert F. Sabo, der das Todesurteil gegen mich gefällt hat und bis auf die Knochen voreingenommen war, erfreute sich einer lebenslangen Mitgliedschaft in der FOP. Und die Richter am Obersten Gerichtshof Pennsylvanias ließen einst stolz verlauten, sie hätten finanzielle Zuwendungen der FOP erhalten. Sie nannten das natürlich »Wahlkampfspenden« für ihre Wiederwahl in das höchste Gericht des Bundesstaats. Und was die millionenschweren Senatoren des US-Kongresses betrifft, die sich bei ihrem Einsatz zum Schutz des einen Prozents der Superreichen auf eine Unterstützung von höchstens zehn Prozent der Wähler berufen können, so haben sie das, was von ihren Seelen noch übrig ist, sowieso schon längst an den Meistbietenden verkauft. Wir sollten diese Makler nach Hause schicken und lieber gleich eine riesengroße Zehndollarnote über dem Podium des US-Kongresses anbringen, die klarmacht, daß dort alle käuflich sind. Denn als eine knappe Mehrheit aus Senatoren der Republikanischen und der Demokratischen Partei gegen Debo Adegbile stimmte, haben diese Politiker einmal mehr gezeigt, daß man in diesem Land immer das bekommt, was man bezahlt hat.
Übersetzung: Jürgen Heiser
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