Kolumne # 668 vom 12.10.2013: Wahnsinn als Methode
12.10.13 (von maj) Triumph des Marktes: Nachdem die Regierung alle Krisen verschärft hat, macht sie dicht
Mumia Abu-Jamal * junge Welt Nr. 237 – 12./13. Oktober 2013
Wenn unpopuläre Politiker einen Regierungsstillstand inszenieren, wie jetzt mit dem »government shutdown« in den USA geschehen, dann bekommt der Wahnsinn Methode: Auf Biegen und Brechen machen sich da die Architekten der Austeritätspolitik ans Werk. Diese Strategie schreddert auch noch den letzten Rest von Vertrauen in die Kompetenz und Leistungsfähigkeit der Regierung und will uns die aberwitzige Vorstellung verkaufen, daß der private Sektor die Lösung aller gesellschaftlichen Probleme ist.
Diese Kräfte haben sich schon in einigen Teilen Europas durchgesetzt und zwingen Regierungen dazu, staatliche Sozialleistungen für die Armen, Arbeitslosen und die Jugend massiv einzuschränken. Diese Regierungen haben Krisen geschaffen und sie nicht gelöst, sondern verschärft. Die so zugerichteten Gesellschaften sind nicht mehr nur von Ungleichheit geprägt, vielmehr werden in ihnen soziale Konflikte und der Klassenkampf von oben geschürt.
Vor Jahrzehnten haben US-Ökonomen der Chicagoer School of Economics diese Austeritätspolitik für ganz Lateinamerika gepredigt. Ihre ökonomischen Rezepte brachten Chaos, Desaster und massenhaftes Leid über den Kontinent. Die Autorin Naomi Klein hat in ihrem 2007 erschienenen Werk »The Shock Doctrine« auf bewegende Weise beschrieben, wie durch diese Experimente ganze Nationen in den Abgrund gestürzt wurden.
Und nun ist diese Situation auch hier in den USA eingetreten, verschleiert zwar, aber sie ist da. Schulen werden geschlossen, Jobs bringen den Arbeitenden immer weniger Lohn ein, aber dafür schießen repressive Institutionen wie Pilze aus dem Boden. Gleichzeitig scheffelt das eine Prozent der reichsten US-Amerikaner (erinnert sich noch jemand an die Occupy-Bewegung?) gegenwärtig mehr Geld als in jedem anderen Zeitraum der Geschichte der USA.
Die Basis dazu ist nicht nur ein konservatives Programm, sondern vor allem ein neoliberales Programm, das auf dem heiligen Altar der Wall Street heruntergebetet wird. Dieses neoliberale Programm der Kapitulation vor den Kräften des Marktes stärkt und befördert rechtsgerichtete Tendenzen und macht den Markt – und nicht das Volk – zum Epizentrum des gesellschaftlichen Lebens der Nation. Und so kommt es, daß an einem Tag Schulen geschlossen werden – und am nächsten Tag die Regierung ihre Pforten schließt. Und der Markt triumphiert.
Übersetzung: Jürgen Heiser
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