Whistleblowing – Dienst an der Menschheit
24.06.13 (von ivk-jW) Militärgerichtsprozeß gegen Bradley Manning wird am morgigen Dienstag in den USA fortgesetzt
Aus: junge Welt Nr. 143 – 24. Juni 2013 / Von Jürgen Heiser
Im krassen Gegensatz zu den täglich neuen Enthüllungen über die weltweite Schnüffel- und Überwachungswut westlicher Geheimdienste steht das fast zum Erliegen gekommene Interesse bürgerlicher Medien am Militärgerichtsprozeß gegen den »Whistleblower« Bradley Manning. Dies beklagte ein Beobachter des »Bradley Manning Support Network« in Fort Meade, Maryland. Lediglich die kritische und mit dem Angeklagten solidarische Öffentlichkeit berichte kontinuierlich über den Fortgang des Verfahrens, darunter ein Stenographenteam der »Freedom of the Press Foundation«.
Im wesentlichen, so Nathan Fuller vom Unterstützungsnetzwerk, sei es den Staatsanwälten bislang um drei Schwerpunkte gegangen. Erstens, daß Manning nicht autorisiert gewesen sei, sich Informationen aus den militärischen Datenbänken zu beschaffen. Zweitens, daß er Vorschriften verletzt habe, indem er Informationen von sicheren Computern auf nichtgesicherte transferiert habe. Und drittens, daß er diese Informationen, darunter die Kriegsprotokolle aus Irak und Afghanistan sowie die Gefangenenakten aus dem Lager Guantánamo Bay, an die Enthüllungsplattform Wikileaks weitergegeben habe. Den dritten Punkt betreffend hatte sich Manning bereits im Vorverfahren zu seinem »Handeln aus Überzeugung« bekannt. Diese »Gewissengründe« Mannings bestätigte der am zweiten Prozeßtag von der Anklage in den Zeugenstand gerufene Kronzeuge Adrian Lamo. Von Lamo, der sich zeitweise als Hacker einen Namen gemacht, dann aber die Fronten gewechselt und sich dem FBI als Informant angedient hatte, stammte der Hinweis, der im Mai 2010 zu Mannings Verhaftung in Bagdad führte. Doch vor dem Hintergrund, daß Manning sich längst als »Whistleblower« bekannt hat, verpuffte die vom FBI gefeierte Zeugenaussage des Denunzianten im Prozeß.
Alle weiteren Zeugen stammten aus Mannings militärischen Dienstbereichen, die zum Verdruß der Staatsanwälte Sorgfalt, Organisationstalent und das brillante Computerwissen des Obergefreiten hervorhoben. Genauso wenig gefallen konnte es den Anklägern, die von Manning das Bild eines »durchtriebenen Spions« zeichnen wollen, daß Mannings Vorgesetzte bestätigten, er sei zum Zugang zu den von ihm gesammelten Informationen autorisiert gewesen. Es sei auch üblich gewesen, daß Nachrichtenanalysten unautorisierte Programme und Dateien auf Computer des internen sicheren Netzwerks installiert hätten.
Angesichts der Belanglosigkeit weiterer von der Anklage zur Ladung vorgesehener Zeugen gab sich die Verteidigung in einigen Fällen mit den von den Anklägern verlesenen Beweisanträgen zufrieden und verzichtete auf deren Vernehmung im Gerichtssaal. Gegen angekündigte Beweismittel im Zusammenhang mit den Hauptvorwurf »Unterstützung des Feindes« hingegen erhoben die Anwälte Einspruch, so daß Militärrichterin Denise Lind den Prozeß vergangenen Donnerstag bis zum morgigen Dienstag unterbrach und den Prozeßparteien auferlegte, sich auf eine Befragung zur Aktenlage und zum weiteren Vorgehen vorzubereiten.
Das Pentagon wird im Juli den Beweis antreten wollen, daß Manning auf das Kommando von Wikileaks hin gehandelt und so dem »Feind« Al-Qaida zugearbeitet habe. Laut Huffington Post nannte die Anklage den Namen des Wikileaks-Gründers Julian Assange an den bisherigen Verhandlungstagen insgesamt zweiundzwanzigmal. Assanges US-Anwalt Michael Ratner hält dies für den Versuch, eine Verschwörung zwischen Manning und Assange zu konstruieren, obwohl Manning offiziell nicht wegen Verschwörung angeklagt sei.
Assange gab unterdessen am Samstag in seinem politischen Asyl in der Londoner Botschaft Ecuadors eine Erklärung ab. Darin sagte er, der ehemalige Mitarbeiter des US-Militärgeheimdienstes NSA, Edward Snowden, sei der achte »Whistleblower«, der in der Amtszeit Barack Obamas wegen Spionage angeklagt werde. Damit sei ein Punkt erreicht, so Assange, »an dem die internationale Auszeichnung wegen des Dienstes an der Menschheit wohl nicht mehr am Friedensnobelpreis, sondern an einer Anklage wegen Spionage durch das US-Justizministerium festgemacht wird«.
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